Interview: Armin Scharf, bueroscharf.de
Fotos: Lightshape GmbH + Co. KG
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lighTshape ERFOLGSGESCHICHTEN
VR, AR, 3D – Digital Experiences für Profis

Von der Shoppingmall über Stuttgart 21 bis zum VR-Holodeck: Die Stuttgarter Digitalagentur Lightshape ist seit 18 Jahren begehrter Dienstleister für komplexe Aufgaben. Im Interview erklärt Robin Wenk, einer der drei Inhaber, wohin die digitale Reise geht.

Als Lightshape begann, immersive 3D-Anwendungen zu entwickeln, war die Hardware dafür kaum vorhanden – und kollaborative VR-Erlebnisse noch Zukunftsmusik. Heute realisiert das Unternehmen anspruchsvolle Virtual-Reality-Projekte für Industrie, öffentliche Einrichtungen und Bildung. Dabei reicht das Spektrum von performanten 3D-Modellen auf mobilen Endgeräten bis hin zu komplexen Mehrnutzer-Installationen, bei denen User gleichzeitig und ortsunabhängig in dieselbe virtuelle Umgebung eintauchen können – mit dem selbst entwickelten Holodeck-Control-Center im Zentrum.
 

Herr Wenk, Lightshape ist im Bereich Virtual Reality, Augmented Reality und 3D-Visualisierung aktiv. Können Sie kurz beschreiben, was Ihr Unternehmen ausmacht?

ROBIN WENK: Wir sind eine 3D-Agentur, mit primärem Fokus auf industriellen Kundinnen und Kunden. Unser Leistungsspektrum umfasst Visualisierungen, Animationen, Echtzeitanwendungen sowie Virtual- und Augmented-Reality-Projekte. Wir stellen komplexe Produkte und Prozesse verständlich dar – sei es für Entwicklung, Vertrieb, Schulung oder Marketing. Bis 2011 haben wir uns auf automotive CGI-Projekte konzentriert, seit 2013 beschäftigen wir uns mit interaktiven Darstellungen und 2014 haben wir ein kollaboratives VR-System vorgestellt. Das war eine Weltpremiere.
 


Ein Teil des Lightshape-Teams bei einer Präsentation mit Robin Wenk (Dritter von links).
 

Was sind typische Einsatzszenarien für Virtual Reality in der Industrie?

ROBIN WENK: Ein häufiges Beispiel ist der virtuelle Showroom. Kundinnen und Kunden können Produkte realitätsnah erleben, ohne dass diese physisch vorhanden sein müssen. Auch für Schulungen ist VR ideal, zum Beispiel für das Erlernen sicherheitsrelevanter Abläufe an Maschinen – ohne Risiko und unabhängig vom realen Standort.
 

Wie unterscheidet sich das von Augmented-Reality-Projekten?

ROBIN WENK: Augmented Reality erfordert eine ganz andere Herangehensweise. Hier geht es darum, digitale Inhalte in die reale Umgebung zu integrieren. Das ist vor allem dann spannend, wenn Informationen orts- oder objektbezogen eingeblendet werden sollen – etwa bei Wartungsanleitungen direkt am Produkt. Die Herausforderung liegt oft in der Stabilität der Tracking-Technologie und in der Nutzerführung. Denn die Bedienfreundlichkeit ist bekanntlich die größte Akzeptanzhürde.
 

Augmented Reality im Alltag: Hier erfährt man mehr über die Maßnahmen zur Baumertüchtigung im Stadtraum. Auch im Tourismus-Sektor sind AR-Plattformen sinnvoll, die über bestimmte Angebote oder Sehenswürdigkeiten informieren.
 

Was hat sich seit Ihren ersten VR-Anwendungen verändert?

ROBIN WENK: Früher musste man immer erst erklären, was Virtual Reality eigentlich ist und wieso sie sinnvoll ist. Außerdem war der Kampf mit der Hardware mitunter schwierig. Inzwischen ist beides sehr viel besser geworden. Die Initialkosten für die heute viel leistungsfähigere Hardware sind deutlich geringer. Häufig können wir auf bereits vorhandene 3D-Modelle zurückgreifen und diese dann modifizieren. Wir müssen also nicht mehr alles von Grund auf generieren.
 

Welche Rolle spielt die 3D-Visualisierung abseits von VR und AR?

ROBIN WENK: Sie ist nach wie vor zentral – etwa für klassische Produktvisualisierungen, Animationen oder Renderings. Viele Unternehmen nutzen sie für die internen Kommunikation, im Vertrieb oder auf Messen. Damit kann man Produkte zeigen, die sich noch in der Entwicklung befinden, und komplexe Zusammenhänge leicht sowie sehr verständlich darstellen.
 


Im Baubereich können AR- oder VR-Anwendungen Maßnahmen zur Gebäudeoptimierung anschaulich dreidimensional präsentieren und Diskussionsgrundlagen liefern.
 

Wie läuft ein typisches Projekt mit Ihren Kundinnen und Kunden ab?

Zunächst klären wir das Ziel beziehungsweise den Use Case. Geht es um Marketing, Training oder etwa Montagehilfe? Danach definieren wir die Plattform – VR-Brille, Tablet oder Desktop. Wichtig ist uns ein agiler Prozess: Wir liefern schnell erste Ergebnisse, die die Kundinnen und Kunden prüfen können. So lassen sich Anforderungen frühzeitig anpassen.
 

Welche Branchen adressieren Sie dabei?

ROBIN WENK: Vor allem Branchen mit komplexen und erklärungsbedürftigen Produkten, traditionell ist das der Maschinenbau und Firmen aus dem Automotive-Umfeld. In letzter Zeit sind öffentliche Aufraggeberinnen und Auftraggeber hinzugekommen, etwa mit Touristik- oder Nachhaltigkeitsthemen. Aktuell wollen wir zusätzlich den Bausektor und die Medizintechnik erschließen.
 

Wie schätzen Sie die Zukunft immersiver Technologien in der Industrie ein?

ROBIN WENK: Wir stehen noch am Anfang. Die Akzeptanz wächst, weil die Vorteile – etwa Zeit- und Kostenersparnis oder höhere Verständlichkeit – klar auf der Hand liegen. In Zukunft wird VR nicht mehr als Spielerei, sondern als Standardwerkzeug im Unternehmen betrachtet.
 

Sie haben ja schon das Potenzial von VR für Schulungen angesprochen. Was heißt das konkret?

ROBIN WENK: Ein klassisches Szenario ist der Bahnhof: Dort treffen Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und das THW aufeinander – jeweils mit eigenen Zuständigkeiten. In einer realen Notlage müssen sie koordiniert zusammenarbeiten. VR erlaubt es, solche komplexen Einsätze realistisch zu simulieren – etwa Evakuierungen, Brandbekämpfung oder Massenpanik.
 

Welchen Vorteil hat dies?

ROBIN WENK: Heute trainieren Einsatzkräfte oft weit voneinander entfernt. Mit VR könnten sie lokal, regelmäßig und kostengünstig üben. Auf einer 10x10 oder 20x20 Meter großen Fläche lassen sich verschiedenste Szenarien durchspielen. Die Kräfte erleben dort auch psychologische Belastung: Dunkelheit, Lärm, panische Menschen. So lernen sie, unter Stress richtige Entscheidungen zu treffen – was im Ernstfall Leben retten kann.
 

Gibt es hier bereits konkrete Projekte?

ROBIN WENK: Ja, zum Beispiel eine Ausschreibung zur Tunnel-Evakuierung in den Niederlanden. Solche Use Cases – Tunnel-Wartung, Katastrophenschutz, komplexe Infrastrukturen – eignen sich hervorragend für immersive Trainingslösungen. Wir bauen quasi digitale Zwillinge als Trainingsbasis für komplexe Szenarien, die man real gar nicht so trainieren kann. Wir entwickeln auch VR-Anwendungen für den Arbeitsschutz, die auf verschiedenen Fähigkeitslevels der Beteiligten eingeht.
 

Ist die Künstliche Intelligenz für Sie Konkurrenz oder eher Unterstützung?

ROBIN WENK: Beides. Wir nutzen KI selbst, um hochwertigere Produktionen mit weniger Aufwand zu realisieren. Für technische Darstellungen ist Präzision jedoch essenziell, fehlerhafte Modelle sind nicht akzeptabel. Solange KI diese Genauigkeit nicht zuverlässig liefert, bleibt unsere Arbeit unerlässlich.
 

Wie wichtig ist Interaktivität in Ihren Projekten?

ROBIN WENK: Sehr wichtig. Bei interaktiven Anwendungen – etwa Simulationen oder Schulungen – geht es nicht nur um das visuelle Erlebnis, sondern auch um die Bedienung, Usability und Performance. Das unterscheidet uns von reinen Rendering-Dienstleistern.
 


Für Schulungen sind VR-Anwendungen geradezu ideal, weil sie eine räumliche Interaktion ermöglichen und auch sensible Schulungsbereiche abdecken.
 

Gibt es technische Hürden bei der Umsetzung?

ROBIN WENK: Egal, ob die VR-Anwendung stationär ist, auf einer Webseite läuft oder mobil funktionieren muss – die Performance ist entscheidend. Wir sind mittlerweile sehr spezialisiert drauf, ultra-schlanke Modelle zu erzeugen. Automation bringt uns da oft noch nicht weit genug – viel muss händisch gemacht werden. Man braucht großes Know-how in Programmierung, UX, 3D-Optimierung – und tiefes Verständnis für das jeweilige Produkt oder die Branche. Das unterscheidet uns vom Wettbewerb, insbesondere bei komplexen technischen Anwendungen.
 

Was genau ist eigentlich das erwähnte Holodeck-Control-Center?

ROBIN WENK: Hinter dem System steckt der Multiuser-Ansatz. Wir verbinden mehrere User, die sowohl lokal wie auch an verschiedenen Orten sein können, in der VR-Welt miteinander. So können sie gemeinsam diskutieren, testen und optimieren. Das Control Center verwaltet Nutzer, Assets, Inhalte und Änderungen in Echtzeit und automatisch. Der Operator sieht, was die Nutzerinnen und Nutzer tun – und führt sie durch die Anwendung.
 


Sieht lustig aus, aber die vier Herren arbeiten intensiv und kollaborativ an einem Fahrzeugentwurf – das Holodeck-Control-Center macht dies möglich. Die Teilnehmenden können sogar an verschiedenen Orten sein, agieren in der VR-Welt aber zusammen.
 

Schlussfrage – worauf sollten Unternehmen achten, die mit immersiven Technologien arbeiten möchten?

ROBIN WENK: Sie sollten den Use Case klar definieren. Geht es um internes Training, Marketing oder Support? Denn danach richtet sich die technische Umsetzung. Und sie sollten sich Partnerinnen und Partner suchen, die nicht nur schöne Bilder liefern, sondern auch Prozesse verstehen – und in der Lage sind, reale Probleme digital zu lösen.
 
 

lighTshape gmbh + co. kg

Lightshape wurde 2007 von Daniel Classen und Robin Wenk gegründet, 2015 kam Georg Fuhrmann dazu. Eigentlich sind die drei Inhaber Architekten, die über die Architekturvisualisierung zum Thema CGI und schließlich zu Echtzeitapplikationen kamen. Seit 2012 konzipierte die vielfach ausgezeichnete Agentur diverse Pionierprojekte, vorwiegend für die Autobranche.

lightshape.net