Interview: Armin Scharf, bueroscharf.de
Fotos: Studio Storti
« ZURÜCK

STUDIO STORTI ERFOLGSGESCHICHTEN
Studio Storti meets Zyliss

1951 gegründet, lancierte das heute zur DK Household Brands AG gehörende Unternehmen zwei Jahre später den Knoblauchhacker. Zick Zick Zyliss tönte noch lange Zeit in TV und Radio nach, an die Seite des Hackers traten bald weitere Produkte für die Küche: der Pommes-Schneider etwa, die Knoblauchpresse oder die Salatschleuder. Eine Innovationsgeschichte sozusagen, die 70 Jahre nach Gründung nicht mehr so richtig rund lief. Grund genug, die Marke, die Produkte und den Auftritt zu überdenken. 2023 machte sich das Ludwigsburger Studio Storti an die sehr umfangreiche Aufgabe – unter Zeitdruck, versteht sich.

Tim Storti über die Neuausrichtung des Küchentool-Herstellers Zyliss.

Herr Storti, Ihre Agentur hat die Neupositionierung der Marke Zyliss umgesetzt. Worum ging es?

TIM STORTI: Zyliss ist eine Traditionsmarke aus der Schweiz, einst in Familienbesitz, heute zu einer Holding gehörend. Im Laufe der Zeit hat sich die Wettbewerbssituation verändert, die Mitbewerber entwickelten sich sehr gut, Zyliss hingegen stagnierte. Obwohl das Sortiment groß war, lief es insgesamt nicht mehr optimal. Wir haben also zunächst intensiv den Bestand geprüft und gemeinsam entschieden, viele dieser Produkte aus dem Sortiment zu nehmen.
 

Das hat mit Design zunächst wenig zu tun.

TIM STORTI: Doch – denn Design beginnt für uns mit einem klaren strategischen Fokus auf Wirtschaftlichkeit und das Zukunftspotenzial von Produkten. Das gewachsene Sortiment war beliebig, wenig stringent. Und das Design in Grau und Weiß sowie roten Details passte einfach nicht mehr in die Zeit. Wenn man in eine moderne Küche schaut, fragt man sich, wie da weißer, glänzender Kunststoff reinpassen soll. An dieser Stelle hat unsere Arbeit aber erst begonnen.
 

Es ging also dann um eine Bestandsaufnahme und Bewertung. Wie sind Sie angesichts der vielen Dinge vorgegangen?

TIM STORTI: Wir haben eine komplette Bestandsanalyse gemacht, einen Check-up des gesamten Sortiments. Parallel analysierten wir sehr genau den Wettbewerb samt dessen Strategien und Konzepten. Alles in allem dauerte allein das etwa zwei Monate.
 


„Wir haben eine komplette Bestandsanalyse gemacht, einen Check-up des gesamten Sortiments.“

 

Und dann?

TIM STORTI: Wir haben kurze Empfehlungen erstellt, welche Maßnahmen zur Neuerfindung der Marke sinnvoll sein könnten. Daraus entstand der Folgeauftrag, die Entwicklung einer Markenstrategie. Wir sind da sehr tief reingegangen und haben uns die Märkte genau angeschaut. Zyliss ist ja eine internationale Marke mit Schwer­punkt USA, wo auch ganz anders verkauft wird als in Europa. Das alles haben wir geprüft. Die Produkt­stra­tegie kam erst etwas später ins Spiel, exemplarisch haben wir zunächst nur einen Kochlöffel und eine Salat­schleuder skizziert, angeteasert sozusagen. Da ging es natürlich um markengerechte Farbe, Haptik, Materiali­täten. Denn unser Anspruch war und ist, dass alles in einer offenen Küche stehen kann ohne das Gesamtbild zu stören. Übrigens hat Zyliss nicht nur die Salatschleuder, sondern auch die Knoblauchpresse erfunden.
 


Die von Zyliss erfundene Salatschleuder im aktuellen Design.

 

Die Marke zeigt sich sehr modern – wäre ein Retro-Ansatz auch eine Option gewesen?

TIM STORTI: Das wurde viel diskutiert, aber letztlich nicht weiterverfolgt. Zyliss verfügte zu diesem Zeitpunkt über kein internes Design, stand aber unter extremem Zeit- und Erfolgsdruck, ausgelöst durch die nahende Branchenmesse Ambiente im Februar 2024. Also starteten wir im Juni davor mit der Gestaltung des Testballons, bestehend aus 24 sogenannten Utensils, also Grifftools. Angesichts der knappen Zeit hätte wohl jeder Designer abgelehnt, wir waren aber so ehrgeizig und machten uns an die Arbeit. Denn wann bekommt man die Gelegenheit, eine Marke samt Produkten zu gestalten?
 

Was gehörte alles dazu?

TIM STORTI: So ziemlich alles, was einen Griff hat. Also Teigschaber, Rührlöffel, Kellen, Pfannenwender, Schäler und so weiter. Alles eher niedrigkomplexe Dinge mit überschaubarem konstruktivem Anspruch. Aber das Ziel war ja, mit Prototypen in passenden Verkaufsverpackungen auf der Messe zu sein. Wir wussten, dass wir das schaffen, aber für den Marketingauftritt haben wir einen starken Partner an Bord geholt, mit dem wir schon wiederholt bestens zusammengearbeitet hatten. Also widmete sich „Die Kavallerie“ in Tübingen, ebenfalls in Rekordtempo, dem Packaging, dem gesamten Marketingkonzept, baute eine Website und den Messestand. Das war ein großartiges Teamplay mit der starker Rückendeckung und großem Vertrauen seitens der Zyliss-Geschäftsleitung.
 


„Obwohl die Griffe zu 50 Prozent aus Weizenstroh bestehen, sind diese deutlich günstiger herstellbar.“

 

Und beim Design, was war die Herausforderung?

TIM STORTI: Wir mussten immer im Blick haben, dass die neue Designsprache später auch auf komplexere Produkte übertragbar ist. Sprich: können wir das auch auf Knoblauchpressen oder Salatschleudern übertragen? Wir wollten überall eine starke Wiedererkennbarkeit der Zyliss-Designsprache, hochwertige Details und eine Haptik, die auf die Marke zurückverweist. Es sollte keinesfalls nach billigem Kunststoff aussehen, eher an hochwertiges Gusseisen erinnern. Letztlich hatte Zyliss für den neuen Gesamtauftritt aus Marke und Produkt eine tolle Messeresonanz.
 

Und nach der Messe, wie ging es weiter?

TIM STORTI: Im Rekordtempo! 2024 haben wir die etwa 40 wichtigsten Produkte gestaltet, in enger Kooperation mit dem Produktmanagement. Zur Ambiente im Februar 2025 war der ganze Katalog fertig, inzwischen haben wir fast das vollständige Portfolio durchgestaltet. Nun geht es an neue, innovative Produkte, die Zyliss langfristig zukunftsfähig machen werden.
 


„Wir mussten immer im Blick haben, dass die neue Designsprache auch auf komplexere Produkte übertragbar ist.“

 

Welche Rollen spielten dabei die Kosten?

TIM STORTI: Wir haben bewusst sehr schlichte Produkte gemacht, aber funktionaler und schöner. Früher gab es viele Varianten oder extreme Multimaterial-Produkte. Es gab Schäler aus weißem, grauem und rotem Kunststoff, dazu noch Metallplättchen. Alles musste miteinander zu einem Bauteil verspritzt werden. Dies wollten wir schon aus ökologischen Gründen keinesfalls weiterführen, die meisten neuen Griffe bestehen – wo technisch möglich – aus einem einzigen Material. Damit sparen wir Kosten und können einen etwas teureren Werkstoff einsetzen. Obwohl die Griffe nun zu 50 Prozent aus Weizenstroh bestehen, sind diese deutlich günstiger herstellbar. Das Material hat eine schöne visuelle Struktur,
 

Hat Sie der Auftrag nebenbei zum Kochexperten gemacht?

TIM STORTI: Uns alle im Büro (lacht). Wir haben alles ausgetestet und dann die optimalen Konfigurationen ermittelt. Ganz händisch sozusagen. Schäler beispielsweise waren ein ganz besonderes Thema, denn wir stellten schnell beim systematischen Testen der marktüblichen Modelle fest, dass sie mal zu lang, mal zu breit sind, die Schnitte krumm werden oder schwer zu setzen sind. Es ging uns letztlich auch um viele kleine Verbesserungen, die im Gebrauch große Wirkung entfalten können. Dazu zählt beispielsweise die scharfen Abrisskanten der Schöpfkelle, die das Nachtropfen vermeiden oder die Gummilippe des Kartoffelstampers. Das alles generiert Mehrwert für den Nutzenden, ist also weit mehr als Styling. Das macht den Unterschied.
 


„Zick Zick Zyliss“: einer der Klassiker der Marke.
 
 

STUDIO STORTI


 

Tim Storti ist Gründer und Geschäftsführer von Studio Storti und stets auf der Suche nach der perfekten, ausgewogenen Synthese zwischen Ästhetik, Funktionalität und Strategie. Der Diplom-Industrialdesigner arbeitete nach dem Studium mehrere Jahre bei Phoenix Design in Stuttgart und war im Jahre 2000 Co-Gründer der Designagentur Pearl Creative. 2023 gründete er Studio Storti in Ludwigsburg.

studio-storti.de