Mia Seeger Preis 2013
Preisträger

Ergebnisse

Für den diesjährigen Mia Seeger Preis reichten Studenten von 29 deutschen Hochschulen insgesamt 64 Exponate und Produkte ein. Studien- und Diplomarbeiten als 3D-Modelle oder grafische Darstellungen, visuell dokumentarisch aufbereitet, hatten sich dem kritischen Urteil der Jury zu stellen. Zur Teilnahme eingeladen waren Studenten und Absolventen an deutschen Hochschulen aus gestalterischen Studiengängen mit Studien- und Abschlussarbeiten, die in den Jahren 2011 bis 2013 entstanden sind.

Der Wettbewerb konnte Dank der Unterstützung der Baden-Württembergischen Bank mit insgesamt 10.000 € ausgelobt werden.
Am 16. April wurde über die eingereichteten Arbeiten entschieden. Die Jury sprach insgesamt 3 gleichwertige Preise sowie zusätzlich 4 Anerkennungen aus. Der soziale Nutzen sowie die Nachhaltigkeit der Produkte spielte neben den üblichen Designkriterien eine entscheidende Rolle.

An der Jury wirkten in diesem Jahr mit:

Prof. Karin Kirsch, Vorsitzende des Stiftungsbeirats, Stuttgart
Elke Weiser, Designerin, Weiser_Design, Stuttgart
Armin Scharf, Freier Journalist, zwomp.de, Tübingen
Oliver Stotz, Industriedesigner, stotz-design.com, Wuppertal
Prof. Justus Theinert, Produktgestalter, Hochschule Darmstadt

Zur Mia Seeger Stiftung

Mia Seeger (1903 – 1991) war die „Grande Dame“ des Design. Mit der Weißenhofsiedlung 1927 in Stuttgart begann ihre Laufbahn. Bald war sie verantwortlich für weitere Ausstellungen des Deutschen Werkbundes. Die Bundesrepublik hat sie vielfach als Kommissarin zu Triennalen in Mailand entsandt und zur ersten Leiterin des Rat für Formgebung berufen, den sie zwölf Jahre lang führte. Sie war selbst keine Designerin, sondern Design-Vermittlerin und -Beraterin. 1986 rief sie die nach ihr benannte Stiftung ins Leben, deren Zweck die Bildung junger Gestalterinnen und Gestalter ist. Namhafte Sponsoren aus der Wirtschaft haben sich ihren Zielen angeschlossen. Mit der Absicht, besonders den Nachwuchs im Design zu fördern und ihn dabei zur Auseinandersetzung mit sozialen Fragen aufzufordern, schreibt die Stiftung jährlich den Mia Seeger Preis unter dem Motto „was mehr als einem nützt“ aus. Preise und Anerkennungen beim Mia Seeger Preis sind hervorragende Referenzen für junge Designer, die unter anderem den Weg in den Berufseinstieg ebenen können. Die Publikation im weltweit vertriebenen Jahrbuch sowie die Präsentation der ausgewählten Exponate bieten neben der finanziellen Förderung ein zusätzliches Plus für die ausgezeichneten Juniordesigner.

Preisverleihung in Ludwigsburg im Rahmen von „Focus Open“:

am 18. Oktober 2013, 19 Uhr
im Kulturzentrum Ludwigsburg, Wilhelmstraße 9/1, Ludwigsburg

Ausstellungslaufzeit:
19. Oktober bis 1. Dezember 2013
MIK – Museum Information Kunst, Eberhardstraße 1, Ludwigsburg

Öffnungszeiten täglich, außer montags und feiertags
von 11 Uhr bis 18 Uhr, donnerstags von 11 Uhr bis 21 Uhr

mia seeger preis 2013

RESMO – Unfreiwillig kampieren im Flughafen

Entwurf
Chien-Hui Ko
D-10245 Berlin
patriziako@gmail.com

Studium/Hochschule
Produkt-Design, Diplom 2012
Kunsthochschule Berlin Weißensee

Betreuung
Prof. Carola Zwick

Wer für Stunden oder gar Nächte festsitzt, weil kein Flieger geht, wie bettet der sich? Wenn ihm der Flughafenbetreiber wenigstens einen einfachen Behelf ausleihen könnte. Dann entfaltet er, was er zusammengelegt vom Stapel weg empfangen hat, zu einer Sitz- oder Schlafliege, klappt den Sichtschutz aus und arrangiert sich mit anderen zusammen oder sucht lieber Abstand und Abschirmung. Das Material, recycelbarer Filz, schützt ihn vor Bodenkälte, ist ausreichend weich und senkt den Geräuschpegel.

Jury:
Punktlandung für Zweck und Anmutung. Ganz einfach – und ginge noch einfacher unter Verzicht auf die Sitzfunktion. Schon so sind elementare Bedürfnisse erfüllt: ein Mehr an Bequemlichkeit, als es starre Wartebänke, klapprige Feldbetten oder nackte Fußböden bieten, ein Minimum an Privatsphäre, ein Deut von Kuschelecke, unkomplizierte Handhabung und die Option, den Liegeplatz nach eigenen Wünschen zu konfigurieren. Da lässt sich die missliche Lage leichter ertragen. Der Vorteil für den Leihgeber liegt in platzsparender Lagerung, mehr noch aber darin, dass er ein Mittel hat zur Besänftigung aufgebrachter Gemüter.

pulmO.kit – eine Produktfamilie zur Asthmatherapie im Kindesalter

Entwurf
Nadja Roth
D-96052 Bamberg
nadjarothnr15@gmx.de

Studium/Hochschule
Integriertes Produktdesign, Diplom 2013
Hochschule Coburg

Betreuung
Prof. Gerhard Kampe

Dieses sind die Familienmitglieder: dreierlei Inhalatoren für verschiedene Altersstufen und unterschiedliche Medikation, eine zentrale Steuereinheit mit separatem Datenspeicher, die alle Komponenten vernetzt, personalisiert und die Therapie überwacht, ferner ein Lungentrainer, zugleich Atem-Messgerät, das die Luftstromstärke mit Piktogrammen von Pusteblumen anzeigt, und schließlich eine Ladestation, an der sich alle Geräte über Nacht versammeln. Tagsüber aber sind sie mit dem Patienten unterwegs und halten ihn an zu vorgeschriebener Anwendung. Für Kinder bis 16 Jahre.

Jury:
Kann Design dazu helfen, dass das Kind auch immer brav seine Medizin nimmt? Diese Sorge zieht sich durch eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild Asthma. Die Entwerferin untersucht erst sorgfältig die Verhaltensmuster der Betroffenen und Beteiligten und bildet dann die herausgefundenen Therapiestrukturen folgerichtig auf Funktion und Zusammenspiel einzelner Geräte ab. Souverän zieht sie dabei die Register aktueller Kommunikationstechnologie – den Therapieerfolg stets im Visier. Formensprache und Produktgrafik kommen dem kindlichen Bedürfnis nach Spiel und Abwechslung entgegen, wahren aber immer den medizinischen Ernst.

Ilham/Inspiration – Bepflanzung und Bewässerung in Entwicklungsländern

Entwurf
Theresa Schinagl
D-97209 Veitshöchheim
theresa-@gmx.net

Studium/Hochschule
Integriertes Produktdesign, B.A. 2013
Hochschule Coburg

Betreuung
Prof. Lutz Büsing

Erst ein Kompendium vom Hungerleiden in der Welt. Im Zoom der Fakten steuert es auf den Punkt zu, da sich die Menschen selber zu helfen hätten, weil keiner sonst es tut. Nämlich indem nahrhafte Pflanzen anzubauen wären, in schützenden und düngenden Anzuchttöpfen; wie Wasser den Setzlingen zuzuleiten wäre, direkt zur Wurzel hin, damit der Verlust gering bleibe; und wie zuvor das nötige Regenwasser einzusammeln und zu speichern wäre. Die sorgfältig erprobten Systemkomponenten beschränken sich auf die Stoffe und Halbzeuge, die vor Ort auch zur Hand sind. Low-Tech. Am Ende steht eine bildhafte Anleitung im DIN A1 Format, die sich vor allem als Anregung versteht.

Jury:
Im Kompendium heißt es an einer Stelle: „Der Schlüssel liegt folglich in simplen Konzepten, die einfach umzusetzen sind, schnell Ergebnisse erzielen und in einem fragilen Ökosystem funktionieren.“ An diesem Schlüssel feilt und dreht die Designerin. Da den Reichen nicht zu helfen ist, richtet sie sich an die Armen selber. Aber sie macht ihnen keine Vorschriften, sondern legt dar, was wenige und einfache Mittel schon vermögen. Sie zeigt es im Stile einer Graphic Novel, einer besonnenen und gradaus vorgetragenen Bilderzählung, die zugleich ertüchtigt und ermutigt.

Mia Seeger Preis 2013 – Anerkennung

axis – Lernspielzeug für Kinder

Entwurf
Daniel Daum
D-74731 Walldürn
info@daniel-daum.de

Studium/Hochschule
Industrial Design
Hochschule Pforzheim

Betreuung
Prof. Dr. Ralph Schieschke
Prof. Thomas Gerlach

Bei geeigneter Zerteilung eines Würfels bleiben u.a. sechs gleiche Tetraeder. Wer sie an den Kanten, die sie im Würfel gemeinsam hatten, gelenkig verbindet, gewinnt eine ‘umstülpbare Würfelkette’, nach Paul Schatz (1898 – 1979). Ihre ‘Inversionskinematik’ ist überraschend und macht bei ‘axis’einen Teil des Spielwitzes aus. Kommt hinzu, dass die Teile gelocht sind und dort mit Stift zu verbinden sind. Das macht schwer durchschaubare Konstruktionen möglich. Tetraeder aus Polyurethan, innen Schaum, außen zur elastischen Haut verdichtet; Achsverbindungen aus Naturkautschuk; Stifte aus Polystyrol.

Jury:
Eigentlich einfach sechs gleiche Teile und doch mit komplizierter Bewegungsmechanik. Dieses Paradoxon macht der Designer sich für ein Spiel zu eigen, das drinnen wie draußen möglich ist und auch mitspielende Erwachsene nicht unterfordert. Klappen, Drehen und Stülpen erlauben zahllose, durch den Verbund im Ring wieder eingeschränkte Konfigurationen. Im Widerspiel steckt der Reiz. Und nebenbei übt sich das Auge in statischer und dynamischer Geometrie. Die Teile sind weich und leicht, also keine Gefahrenquelle. Ihre Größe, zusammen mit der festen Drehverbindung, stiftet die Kinder dazu an, dass sie im Spiel einander helfen.

COLLECTIVE – Dezentrale Kommunikation im urbanen Raum

Entwurf
Simon Ehses
D-65239 Hochheim am Main
contact@simonehses.com

Studium/Hochschule
Produktgestaltung, Diplom 2012
Hochschule für Gestaltung Offenbach

Betreuung
Prof. Frank Zebner

Was, wenn das Web schwächelt oder Big Brother dreht daran? Dann behilft sich der Netzwerker in solidarischem Anschluss an ein Kollektiv. An seinem Fenster – den Solarzellen zuliebe dort – klebt ein Sender, der einer von vielen Knoten ist im Wlan-Netz von Nachbar zu Nachbar. An der Wand in seinem Zimmer hängt ein Speicher, der den Datenverkehr zwischen Sender und Endgeräten, z.B.Smartphone oder Rechner, archiviert. Auch unterwegs kann sich jeder Mitbetreiber in ‘sein’ Netz einwählen. Je dichter und gleichmäßiger die Knoten in der Stadt verteilt sind, um so schneller und sicherer geht die Datenübertragung.

Jury:
Klug ist, wer für Not- und Zwischenfälle einen Ausweg parat hat. Aber auch sonst stärkt ein dezentrales Netz als Alternative zum Allerwelts-Internet Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Es weht der Geist von Open Source. Wo sich Zentralismus, Markt- und Machtkonzentration oder politsche Bevormundung abzeichnen, ist die Sorge um ein autonomes Nutzungskonzept gängiger Technik berechtigt, ja geboten. Dass das Netz offen ist für viele, wirkt dem Dirigismus von oben und der Konspiration von unten entgegen. Eine Spur Aufmüpfigkeit aber bleibt. Recht so.

VUELO – Brandbekämpfung aus der Luft

Entwurf
Matthias Helfert
D-71364 Winnenden
design_matthias@gmx.de

Studium/Hochschule
Produktgestaltung, B.A. 2011
Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd

Betreuung
Prof. Matthias Held
Wolf Leonhardt

Immer häufiger und verheerender brennt der Wald, weltweit. Diesem Problem stellt sich das Konzept eines mit zwei Mann besetzten Löschhelikopters: mit 4.300 Liter im Wassertank und zwei Löschkanonen an Bord. Der Antrieb mit Koaxial-Rotor ist einfacher zu handhaben und braucht weniger Wartung als die für Helikopter übliche Auslegung mit Heckrotor. Dieses, zusammen mit Leichtbau und kompakter Bauweise bedingen, dass die Maschine im Container per Schiff oder in Frachtfliegern schnell zu internationalen Hilfseinsätzen gebracht werden kann. Die Außenfläche gliedert sich nach den dahinter liegenden Funktionsbereichen Antrieb, Löschen und Landen.

Jury:
Die Unbeholfenheit, mit der Löschflugzeuge bislang ihr Wasser über brennenden Wäldern oder Hochhäusern ausschütten, hat ein Ende. Das Löschen mit Wasserimpulsen verspricht eine deutlich effektivere Bekämpfung solcher Brandherde, die anders als aus der Luft kaum zugänglich sind. Die Transporttauglichkeit erleichtert die Hilfe rund um den Globus und verbessert die Auslastung. Was auf den ersten Blick wie – freilich virtuoses – Styling aussehen mag, ist zugleich funktionale Gliederung und strömungsgünstige Außenhaut.

N.I.O. – Neurointeraktive Orthese

Entwurf
Lorenz Nasdal
D-13088 Berlin
lorenz.nasdal@hotmail.de

Ben Achenbach
D-10961 Berlin
ben.achenbach@gmx.net

Max Winter
D-12203 Berlin
mxwinter@googlemail.com

Studium/Hochschule
Produktdesign
Kunsthochschule Berlin Weißensee

Betreuung
Prof. Helmut Staubach

Was der Schlaganfall verbockt hat, soll die Orthese wieder richten. Am gelähmten Arm angelegt, übernimmt sie, von Gehirnströmen gesteuert, die Funktion der Muskulatur. Die Hoffnung ist, dass die passive Armbewegung in den zuständigen Hirnarealen die Regeneration der neuronalen Verknüpfungen stimuliert und der Kopf wieder die Herrschaft über den Arm gewinnt. Das Gerät ist aus einzelnen Komponenten aufgebaut. Für die am Arm anliegenden Teile ist Anpassung per Rapid Prototyping vorgesehen. Elektromotoren mit Bowdenzügen bewerkstelligen die Bewegung.

Jury:
In der Anmutung streng, geradezu maschinell will einem der Apparat zuerst erscheinen. Doch dann besinnt man sich: Es käme wohl gerade drauf an, zumal bei mentaler Steuerung, dass der Patient sieht, wie ein Band anzieht, ein anderes nachlässt, und er an der offen waltenden Mechanik den Bewegungsvorgang ablesen, bald auch vorhersehen kann. Dann ist ‘schlicht’ das auszeichnende Epitheton. Aus nämlichem Grund ist bewährte Elektromechanik eingesetzt, auch der Haltbarkeit und den Kosten zuliebe. Das Augenmerk liegt auf ergonomischer Richtigkeit und breiter Anwendbarkeit.