Interview: Armin Scharf
Fotos: Klangerfinder
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KLANGERFINDER GMBH + CO. KG ERFOLGSGESCHICHTEN
„KLÄNGE UNTERSTÜTZEN INNOVATIONEN!“

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„Sound ist ein wichtiger Aspekt des Brandings,
macht Produktqualität hörbar und Ausstellungen erlebnisdichter.
Klänge steuern unser Verhalten und können uns belohnen.“

Prof. Florian Käppler von der Stuttgarter Agentur Klangerfinder

Es gibt Geräusche, die sind schlichtweg schrecklich. Dazu zählt Prof. Florian Käppler das Piepsen, wenn sich die Türen des ICE schließen. „Das hat wenig mit Reisekomfort oder Gastfreundschaft zu tun“, sagt er. Klar, Florian Käppler, Gründer und einer der Geschäftsführer:innen von Klangerfinder, ist von Berufs wegen sensibel. Die Stuttgarter Agentur widmet sich ganz dem Thema „Klang“ in seinen unterschiedlichen Erscheinungen, Funktionen und Wahrnehmungen. 2019 erhielt Klangerfinder zusammen mit den Ausstellungsmachern von Jangled Nerves den „FOCUS Gold“ – für die immersive und vor allem auf das akustische Erlebnis abzielende Schau „Sound of Stuttgart“.

Wir haben mit Prof. Florian Käppler über Soundbranding, KI und zu viel Klang gesprochen.

 

Bei „Sound of Stuttgart“: Welches Geräusch macht eigentlich die Stille? Welches der Schwarzwald?


Aus unzähligen Klangspuren konnte von den Besucherinnen und Besuchern ihr individueller „Sound of Stuttgart“ gemixt werden.

 
Was macht Klangerfinder eigentlich?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Wir kommen ursprünglich aus dem Bereich der Filmmusik, das aber ist schon lange her. Inzwischen reicht unsere Expertise in alle Anwendungen hinein, wo Klänge eine Rolle spielen. Wir nennen das „360-Grad-Sound“, also die ganzheitliche Betrachtung des Phänomens Klang. Konkret geht es um Sounddesign, um Sprache, um Musik. Wir beschäftigen uns stark mit dem Produktklang, häufig im Kontext der Digitalisierung, durch die mechanische Klänge verloren gehen. Als unsere Zusammenarbeit mit Porsche vor etwa 20 Jahren begann, haben wir es mit der Optimierung mechanischer Bauteile zu tun gehabt. Heute geht es dort um digitale Klänge, genauso sind wir in App-Entwicklungen und Gaming-Projekten eingebunden. Denn Klänge unterstützen Interaktionen. Das ist selbst in der Medizintechnik ein Thema, etwa bei der Feedback-Wahrnehmung während Fernoperationen.
 
Der Klang steht also nie allein?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Klänge wirken immer zusammen mit anderen Wahrnehmungsebenen, das können visuelle und haptische Wahrnehmungen oder auch Gerüche sein. Nimmt man etwas ganzheitlich wahr, dann entsteht daraus etwas komplett Neues. Unsere Arbeit hat daher einen sehr interdisziplinären Charakter, auch unser Team ist entsprechend aufgebaut. Und weil Kunden immer wieder fragen, wie Klänge eigentlich funktionieren, widmen wir uns immer stärker der Forschung.
 
Ein Beispiel?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Aktuell sind wir beim Forschungsprojekt „Ecosonic“ dabei. Es erkundet, ob und wie Klänge eine nachhaltige Fahrweise unterstützen können. Aus dem Gaming kennen wir sogenannte Belohnungsklänge – die spielen wir in einem Versuchsfahrzeug als Stimuli ein und messen die Wirkung auf das Verhalten am Steuer. Das ist das Gegenteil dessen, was man derzeit mit Motorsound verbindet.
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Klangerfinder bei der Arbeit.
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Muss denn eigentlich alles einen Klang haben?
PROF. LORIAN KÄPPLER: Man sollte tatsächlich stets abwägen, welchen Sinn Klänge im jeweiligen Kontext haben und dort reduzieren, wo es möglich ist. Wir nennen das „Klangökologie“. Denn wir Menschen können nicht weghören! Klänge unterliegen übrigens stets einem Wandel der Wahrnehmung und damit der Akzeptanz.
 
Betrifft das auch Klangmarken?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Durchaus. Das Soundlogo der Deutschen Telekom, eines der bekanntesten überhaupt, wurde von uns überarbeitet, spezifiziert und weltweit getestet. Aus dieser Sound-DNA haben wir alle Klänge und Musiken der Telekom für alle Berührungspunkten entwickelt. Es ist unserer Einschätzung nach das im Moment wohl ganzheitlichste Markenklangvorhaben entstanden. Als neuerdings wertvollste Marke Europas hat die Telekom uns gefragt, welchen Anteil daran der Sound hat. Da es dafür noch keine etablierte Methodik gibt, entwickeln wir diese gerade.

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Klangerfinder hat das Sound-Logo der Deutschen Telekom überarbeitet, spezifiziert und weltweit getestet.
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Aus welchen Bereichen kommen Ihre Kund:innen?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Bei der Markengestaltung haben wir es oft mit CI-Agenturen zu tun. Aber es wenden sich auch Unternehmen und Museen direkt an uns, zum Beispiel das Kunstmuseum Stuttgart. Hier geht es unter anderem darum, Kunst im digitalen Raum auf so demokratische und spannende Weise erfahrbar zu machen, dass sich alle Alters- und Gesellschaftsgruppen für die bisher doch recht exklusiven Inhalte begeistern können. Klassische Produktdesignagenturen kommen bisher noch selten auf uns zu – das wäre aber sehr sinnvoll.
 
Mal ganz praktisch, wie entwickelt man einen Branding-Sound?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Das ist ein recht komplexer Vorgang, der sich in die vier großen Abschnitte Analyse, Konzeption, Produktion und Implementierung aufteilt. Wir beginnen mit der Definition dessen, was der Sound bewirken soll und schließen mit der Begleitung seiner Implementierung. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Für Skoda haben wir kürzlich einen Sound kreiert, der auf der einen Seite die tschechische DNA erkennen lässt und zugleich die Internationalität der Marke unterstreicht. Wir zitierten also Smetana, testeten aber über unsere Online-Tools ganz genau, ob dies auf globaler Ebene auch so verstanden wird. Es sind stets viele Details, die wir diskutieren und bewerten, Tempi beispielsweise, die Lautheit, die Dynamik. Übrigens ist das ein sehr kollaborativer Prozess, in den die Kundinnen und Kunden eng eingebunden sind. Denn dort liegt ein enormes Wissen über die Marke, das wir für unsere Arbeit benötigen.
 
Wie beeinflusst die Künstliche Intelligenz mit ihren Sprachgeneratoren Ihre Arbeit?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Die Anwendung von Sprachassistenten wächst gerade rasant. Hier stellt sich dann die Frage, wie denn eine Marke mit mir spricht. Das hat mit KI zunächst nichts zu tun. Letztlich kann KI für bestimmte Anwendungen sinnvoll sein, doch es handelt sich um ein ambivalentes Tool. Im Rahmen meiner Tätigkeit an den Hochschulen Trossingen und Furtwangen leite ich ein vom Bundesforschungsministerium gefördertes Projekt, das das Zusammenspiel von KI und Musik sowie ethische Fragen erkundet.
 
Welche Skills sind für Ihre Arbeit denn wichtig?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Neugier ist zentral, fast wichtiger als die absolute fachliche Tiefe. Man muss seine Arbeit schon mal hinterfragen können, ein gewisses Maß an Unsicherheit sollte man sich erhalten. Und wir arbeiten in Teams, daher sind soziale Kompetenzen unabdingbar, Empathie genauso wie die Offenheit, sich auf Augenhöhe mit anderen Akteur:innen einzulassen. Ein Tipp für Studierende: Eignet euch fundierte Informatik-Kenntnisse an, die werden auch in der Musik immer wichtiger, insbesondere für den kreativen Prozess!

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Einblick in die „FOCUS Gold“-prämierte Ausstellung „Sound of Stuttgart“ 
Foto: Lukas Roth

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Eine letzte Frage. 2019 erhielt Klangerfinder einen „FOCUS Gold“. Wie wichtig sind solche Awards für Sie?
PROF. FLORIAN KÄPPLER: Designpreise sind eine ganz eigene Währung, sowohl für die Außenwahrnehmung wie auch für unser Team. Das wird in Unternehmen auf Management-Ebene sehr positiv gesehen, das ist sehr viel wert – vor allem dann, wenn die Jury unabhängig bewerten kann. Das sind echte Highlights für uns, die wir regelmäßig feiern.
 

KLANGERFINDER GMBH + CO. KG

Die Klangerfinder sind eine international führende Agentur für auditive Kommunikation mit Sitz in Stuttgart. Zu den Schwerpunkten gehören Konzeption, Audiobranding, Klang(wirkungs)forschung, Klangszenografie und Audio-Technologie in den Dimensionen Musik, Sound, Sprache.

Zu den oft langjährigen Kund:innen, Partnerinnen und Partnern von Klangerfinder gehören Mercedes-Benz, Porsche, die Deutsche Telekom, Audi sowie NGOs aus den Bereichen Kultur, Politik und Forschung. Einzigartiges Highlight ist die Gesamtvertonung der deutschen Pavillons auf bisher fünf Weltausstellungen.
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Prof. Florian Käppler: unser Interviewpartner und einer der Geschäftsführer:innen von Klangerfinder.

www.klangerfinder.de