Interview: Armin Scharf
Fotos: Moja Design GmbH
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MOJA DESIGN GMBH ERFOLGSGESCHICHTEN
Vom Berg in die Stadt

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Seilbahnen sind faszinierende Fortbewegungsmittel, nicht nur in den Bergen, wenn es über tiefe Täler oder schroff aufstrebende Felsen geht. Die Bewegung in der dritten Dimension verschiebt den Horizont, auch in Städten. Und verleiht der Mobilität neue, aussichtsreiche Optionen.

Die Systeme freilich sind komplex und damit ganz besondere Aufgaben für das Design jenes Raumes, der vereinfacht Kabine genannt wird. Und es geht auch um die Gestaltung der Stationen, der Zutritte, Ausstiege, der Peripherie. Aufgaben, denen sich das Büro Moja Design in Stuttgart widmet – auch wenn die Stuttgarter:innen auf absehbare Zeit leider keine eigene Seilbahn bekommen werden.

Ein Interview mit Albert Schuster, Gründer und Geschäftsführer von Moja Design.
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In Ihrem Portfolio finden sich viele Seilbahn-Projekte, Kabinen genauso wie Stationen. Welche Expertise braucht es für diesen doch speziellen Bereich?
ALBERT SCHUSTER: Wir sind ein interdisziplinäres Team aus Produktdesignern, Architekten sowie Maschinenbauern und arbeiten eng mit den Entwicklungsteams unserer Kunden zusammen. Wir bilden also eine hohe Fachkompetenz ab, wobei Soft Skills genauso wichtig sind. Durch unsere langjährige Erfahrung im Bereich der Mobilität kennen wir den Markt, die Anforderungen und die Chancen sehr gut, können also unsere Kundeninnen und Kunden umfassend beraten und auf Augenhöhe zur Seite stehen. Seilbahnen sind ein perfektes Beispiel dafür, wie sich traditionelle Transportmittel mit modernster Technologie verbinden lassen, um umweltfreundliche und effiziente Mobilität zu bieten. Für uns, die wir innovative Lösungen entwickeln, ist es entscheidend, immer auf dem neuesten technologischen Stand zu bleiben. Gerade die Mobilitätsbranche verändert sich permanent.
 

Interdisziplinär aufgestellt: das Team von Moja Design.
 
Eine Kabine ist zunächst ein klassisches Engineering-Projekt. An welchen Punkten setzt Ihr Design an?
ALBERT SCHUSTER: Es stimmt, eine Kabine ist wegen der extremen Anforderungen ein sehr komplexes und hochentwickeltes Produkt. Das ist aber genau der Aspekt, der die Entwicklung und Zusammenarbeit so spannend macht. Unser Designprozess folgt dem Prinzip „Form Follows Strategy“ – es geht vor allem darum, Produkte strategisch zu entwickeln und Innovationen zu generieren. Das heißt, wir integrieren Technologien und entwickeln Funktionen, die bis dahin überhaupt nicht im Lastenheft standen. Diese Entwicklungen heben das Produkt vom Wettbewerb ab und bieten natürlich auch den Fahrgästen ein noch besseres Fahrerlebnis.


Seilbahnen dienen heute nicht nur der alpinen Freizeit-Mobilität, sondern haben auch in urbanen Kontexten große Bedeutung. Entsprechend müssen die Kabinen der Bahnen konzipiert sein.
 
Wie arbeitet es sich mit der Seilbahn-Branche, die aus nur wenigen Playern besteht? Wie innovativ ist die Branche und welche Themen stehen dort an?
ALBERT SCHUSTER: Wir haben das Glück, den Weltmarktführer der Seilbahnbranche seit vielen Jahren in sehr enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit zu begleiten. Dadurch haben wir die Chance – und auch die Verantwortung – neue Entwicklungen der Branche mit voranzutreiben und so die Standards immer wieder neu zu definieren.

Gerade wandelt sich die Seilbahn vom rein alpinen zum urbanen Verkehrsmittel für Ballungsgebiete, woraus sich ganz neue Entwicklungsansätze ergeben. So werden beispielsweise aus Seilbahnstationen multimodale Mobility Hubs. Auch im Bereich autonome Mobilität ist die Seilbahn ein echter Vorreiter: Während in den meisten anderen Branchen noch am autonomen Fahren getüftelt wird, ist das bei der Seilbahn bereits Realität. Mit dem autonomen Seilbahnsystem „Auro“, das wir mitentwickelten, werden in der Schweiz und in Österreich bereits ganze Anlagen automatisiert betrieben. Und durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz lässt sich in naher Zukunft der Verkehrsfluss weiter optimieren.
 

Die Bundesgartenschau 2023 in Mannheim spielte an zwei Orten, für die Verbindung sorgte eine Einseilumlaufbahn von Doppelmayr. Kabinen und Stationen wurden von Moja Design gestaltet und geplant.
 
Außerdem kooperieren Sie mit studentischen Gruppen der Universität Stuttgart und des Karlsruher KIT in Sachen Hyperloop. Wieso?
ALBERT SCHUSTER: Die Forschungsteams sind enorm innovativ, motiviert und talentiert. Um deren technische Entwicklungen darzustellen und wettbewerbsfähig zu machen unterstützen wir die Teams bei der Ausarbeitung der Entwürfe. Außerdem geben wir Inputs zum User Flow, der Nutzerfreundlichkeit und zur später angestrebten realen Umsetzbarkeit. Für uns ist die Zusammenarbeit eine tolle Gelegenheit, weil es in der freien Wirtschaft natürlich sehr selten Projekte gibt, in denen man so frei und von Grund auf gestalten kann. Das hilft uns, Denkmuster radikal aufzubrechen. Außerdem entstehen dabei auch immer Ideen und Ansätze, die sich auch auf andere Projekte anwenden lassen.
 

Entwurf für den Cargo-Hyperloop, den Studierende in Karlsruhe und Stuttgart entwickeln. Die Be- und Entladung des Pods läuft autonom ab.
   
Sie selbst sind Maschinenbauer und Architekt – wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Kombination?
ALBERT SCHUSTER: Von klein auf hatte ich den Wunsch, Architekt zu werden, wurde von meinen Eltern damals aber gedrängt, etwas „Anständiges“ zu machen. Sprich: Maschinenbau „beim Daimler“, wie es in meiner Familie väterlicherseits Tradition war. Also habe auch ich pflichtbewusst ein duales Maschinenbaustudium absolviert, danach aber dann das gemacht, was ich wirklich wollte: Architektur an der Universität Stuttgart studieren.
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Und wie sind Sie dann zum Design gekommen?
ALBERT SCHUSTER: Eher durch Zufall. Als Maschinenbauer weiß ich viel über Fertigungsverfahren und den Ablauf ingenieurtechnischer Entwicklungsprojekte. Zudem kenne ich jene Faktoren, die bei der Umsetzung von Projekten zu Reibungen führen können. Als Architekt wiederum lernt man ganzheitliches und strategisches Denken, das Lösen komplexer Probleme und entwickelt ein Gefühl für Ästhetik. Wie sich herausgestellt hat, ist das eine ziemlich gute Kombination für die Prozesse im Produkt- und Industriedesign.


Maschinenbauer, Architekt und Gründer und Geschäftsführer der Moja Design GmbH: Albert Schuster.
 
Wie wichtig ist dafür ein möglichst interdisziplinäres Designteam?
ALBERT SCHUSTER: Das ist ein enormer Gewinn, weil sich die Expertinnen und Experten mit ihrem spezifischen Wissen ergänzen und gegenseitig unterstützen. Noch wichtiger ist aber, dass im Büro – und auch in unternehmensübergreifenden Projektteams – eine Atomsphäre entsteht, die eine offene und ungezwungene Zusammenarbeit erlaubt. Wenn jeder seine Stärken und Schwächen kennt, diese im Team integriert und ergänzt werden, dann entstehen großartige Projekte.
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Sie haben in diesem Jahr erstmals am FOCUS OPEN teilgenommen und prompt eine Auszeichnung erhalten. Wie wichtig sind Awards für Sie?
ALBERT SCHUSTER: Die beste und wichtigste Bestätigung unserer Arbeit ist nach wie vor die Zufriedenheit unserer Kund:innen und der Erfolg des Produkts auf dem Markt. Nichtsdestotrotz sind wir natürlich sehr stolz und freuen uns enorm über die Auszeichnung und das gute Feedback der Jury. Designpreise wie der FOCUS OPEN sind immer eine tolle Werbemöglichkeit und stärken das Vertrauen potenzieller Kundinnen und Kunden. Gleichzeitig können auch unsere bestehenden Auftraggebern hervorragend mit einer solchen Auszeichnung werben.
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MOJA DESIGN GMBH

Moja Design wurde 2018 von Albert Schuster gegründet und ist heute mit sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterwegs. Das Stuttgarter Büro konzentriert sich in erster Linie auf Produktdesign, ist aber auch in den Bereichen Kommunikationsdesign und Architektur aktiv.

Seit einigen Jahren nehmen Seilbahn- und andere Mobilitätsprojekte einen großen Teil der Arbeit ein, sowohl im alpinen wie urbanen Kontext.

moja-design.de