Interview: Armin Scharf
Fotografie: Albert Ziegler GmbH

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Albert Ziegler GmbH ERFOLGSGESCHICHTEN
„DESIGN FÜR EINE EMOTIONALE BRANCHE“

In Giengen an der Brenz entstehen komplexe Produkte – Feuerwehrfahrzeuge. Design spielt dabei eine größere Rolle als zunächst angenommen. Ein Interview mit Max Ruhdorfer, dem Leiter des Inhouse-Designs.

Am Anfang war der Schlauch: 1891 wurde die Albert Ziegler GmbH als Schlauchweberei gegründet, 1953 dann startete das Unternehmen mit dem Fahrzeugbau. Ende 2013 übernahm die chinesische CIMC-Group das Traditionsunternehmen und investierte in die Neuausrichtung. Dazu gehörte auch die Installation eines eigenen Designteams, das direkt mit den Entwicklungsebenen und dem Produktmanagement zusammenarbeitet. So sollen Innovationen rasch in den Markt kommen. Das Designteam kümmert sich um das klassische Industriedesign, um die HMI-Konzeption und auch um die Produktgrafik. Leiter ist Max Ruhdorfer. „Ziegler war zwar schon immer sehr international aufgestellt, hatte Niederlassungen in den Niederlanden, Kroatien oder Indonesien und kooperierte mit großen internationalen Partnern“, sagt Max Ruhdorfer im Gespräch. „Allerdings gab es weder eine echte Vernetzung noch einen einheitlichen Konzernauftritt. Das wurde von CIMC neu organisiert und visualisiert.“
 


Max Ruhdorfer, Leiter des Inhouse-Designs der Albert Ziegler GmbH
 
 

Ziegler hat nach der Übernahme durch die CIMC-Group ein internes Design aufgebaut. Warum?

MAX RUHDORFER: Für die Neuausrichtung unseres Unternehmers hat Design eine große Bedeutung, nicht nur für ein konsistentes Corporate Design. So hat die Geschäftsführung erkannt, dass die aktive Gestaltungskompetenz und das notwendige Verständnis der Produkte nur in einer internen engen Abstimmung mit Produktmanagement, Engineering, Marketing und Vertrieb aufgebaut und vertieft werden kann. Nur die adäquate Gestaltung der Form, der Materialität, Farbe, aber auch der Usability, Ergonomie oder HMI erschließt einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.

Das Innovationspaket, vor zehn Jahren auf den Weg gebracht, wird kontinuierlich weitergeführt und steht für die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit, wobei das Design zunehmend eine federführende Rolle auch in den Prozessen, etwa in der Erarbeitung eines ganzheitlichen, kundenbezogenen Lastenheftes, einnehmen sollte.
 


Max Ruhdorfer und Mitglieder der Abteilung Design der Albert Ziegler GmbH
 

Was macht die Feuerwehrbranche besonders?

MAX RUHDORFER: Die Feuerwehrbranche ist eine sehr emotionale, idealistische Branche, in welcher Optik und Haptik als Ausdruck einer Technologiebegeisterung entscheidend sind. Auf der anderen Seite haben wir es mit individuellsten Konfigurationen zu tun, nicht nur in Bezug auf den hohen Detaillierungsgrad. Jedes Fahrzeug ist in gewisser Weise ein Unikat, selbst innerhalb einer bestimmten Kategorie, weil Pumpen, das Tankvolumen und die Geräteausstattung ganz unterschiedlich sein können. Das ist nicht marginal. Spannend wird es übrigens immer ganz am Schluss, wenn das fertige Fahrzeug auf die Waage fährt. So darf das zulässige Gesamtgewicht keinesfalls überschritten werden, das ist einsatzrelevant für das Befahren von Zufahrten oder Aufstellflächen. Auch wenn wir alles akribisch per CAD vorplanen, weicht die Realität dann doch immer mal wieder ab.
 


„Jedes Fahrzeug ist in gewisser Weise ein Unikat.“
 

Also keine Chance für standardisierte Produkte?

MAX RUHDORFER: Schwierig, aber Modularität ist machbar. Die erfordert aber strategisches Denken in Gewerken und Wertschöpfungsprozessen. Tatsächlich sind für uns Modularität sowie die Standardisierung der Schnittstellen und Anschlussdetails essenziell. Beispielsweise besteht unser Aufbaukonzept aus einem patentierten Aluminium-Panel-System (ALPAS), das ist ein skalierbarer Baukasten mit standardisierten Profilen, Befestigungsnuten und Verbindern, abgestimmten Rollladen-, Auftritt-, Beleuchtungsmodulen und mehr. Das ermöglicht sehr individuelle Aufbauten auf unterschiedlichen Fahrgestellen. Vorgefertigte, modulare Subsysteme mit Pumpen, Verrohrungen, Wasserbehältern, Kabelbäumen und Mannschaftskabinen erlauben den systematischen Fertigungsprozess, aus dem sowohl Lösch- wie Rüstfahrzeuge hervorgehen können. Auch unsere „Z-Class“, also die Flugfeldlöschfahrzeuge, bauen wir nach einem ähnlichen, modularisierten Prinzip.

Der Innenausbau für die Ausrüstung läuft nach Norm oder Kundenwunsch und folgt dem Raster-Prinzip eines Küchen- oder Schrankausbaus. So erreichen wir auch im projektbezogenen Sonderfahrzeugbau eine hohe Standardisierung.
 

Das sind jede Menge Vorgaben – wie steht es da mit den Design-Freiheiten aus?

MAX RUHDORFER: Wir haben uns einer Designsprache verschrieben, die sehr auf Wiedererkennbarkeit, Authentizität, Robustheit, aber auch auf technische Eleganz achtet. Somit schränken wir uns hier selbst ganz bewusst in der Formensprache ein. Aber es stimmt, die Regularien sind enorm, hat man aber die richtigen Ansätze gefunden, tun sich mehr Freiheiten auf als gedacht. Da wir uns intern sehr engmaschig und intensiv austauschen und gegenseitiges Verständnis herrscht, räumt uns die Technik und ab und zu Freiräume ein, eine Form und Funktion in einen kundengerechten Abgleich zu bringen.
 


Wiedererkennbarkeit, Authentizität, Robustheit, aber auch technische Eleganz: Das ist die Designsprache der Albert Ziegler GmbH.
 

Auf den ersten Blick sehen sich Feuerwehrfahrzeuge recht ähnlich. Welche Designmerkmale stehen für die Marke Ziegler?

MAX RUHDORFER: Auch wenn die Normung auf Vereinheitlichung pocht, was Farbe und Anzahl von Aufklebern betrifft, erkennt man unsere Fahrzeuge sofort. Dafür sorgt in erster Linie unsere markante LED-basierte Lichtsignal-Anlage „Z-Vision“, die als Front- und Heck-Kennleuchte sowie als Seitenbeleuchtung am Aufbau oder auf der Kabine platziert sind. Alle unsere Fahrzeuge werden damit ausgerüstet, vom kleinen Krankenwagen bis hin zu überschweren Industrielöschfahrzeugen. Mit „Z-Vision“ können wir alle Farben und lichttechnische Ausprägungen realisieren, daher ist diese Ausstattung ein echtes Markenzeichen.

Und unser Key-Visual, eine Schwinge, fließt sehr bewusst in Detailgestaltung ein. Es findet sich beispielsweise in der ALPAS-Radkastenblende, die als Griffleiste des abklappbaren Radkastenauftritt dient, aber auch bei unserer Tragkraftspritze. Das Schwingenmotiv ist außerdem auch ein tragendes Formelement unser „Z-Class“ sowie der Grafik unserer Vorführfahrzeuge.
 

Welche Themen stehen aktuell ganz oben auf Ihrer Agenda?

MAX RUHDORFER: Ganz klar die Digitalisierung, also die Cloud-Fähigkeit und Vernetzung unserer Produkte. Mit „Z-Connect“ und „Z-Remote“ sind wir schon auf einem sehr guten Weg. Die Vernetzung erleichtert zum einen die Planung und Koordination von Einsätzen, was besonders bei großen, überregionalen Ereignissen, etwa Waldbränden, enorm wichtig ist. Die Konnektivität hat viele Vorteile, für die Einsatzbereitschaft und -durchführung, für die vorrausschauende Wartung der Fahrzeuge, Flotten oder für das Gerätemanagement. Uns beschäftigt natürlich sehr, diese neuen Technologien marktfähig zu machen, also Bedienbarkeit, Sicherheit und Rentabilität auf einen Nenner zu bringen. Übrigens ist die Plattform herstellerunabhängig und offen konzipiert, durch standardisierte Schnittstellen läuft der Datenaustausch auch zwischen unterschiedlichen Produkten und Fahrzeugen.
 


Richtung Zukunft unterwegs: „Z-Control“-Operator
 


„Z-Control“ im Fahrerhaus
 

Und wie steht es um die Elektrifizierung der Antriebe?

MAX RUHDORFER: Wir beschäftigen uns mit hybriden Antriebskonzepten für Flughafenfeuerwehren, also bei der „Z-Class“. Dabei geht es um den ökologischen Gedanken, aber auch um die Schnellstart- und Beschleunigungsperformance (von 0 auf 80 km/h unter 25, bzw. 20 Sekunden). Die Fahrzeuge müssen in spätestens 180 Sekunden alle Bereiche eines Airports erreichen, da ist Beschleunigung alles. Unser „Z6 HYBRIDdrive“ kombiniert rein elektrischen Betrieb mit Dieselantrieb und kann klassisch als Verbrenner betrieben werden. Nach ausgiebigen Testreihen geht das erste Fahrzeug dieser Art nach Großbritannien und wird am Airport der Cranefield University stationiert.
 


Grün, schnell, zuverlässig: der „Z6 HYBRDdrive“ 
 

Zurück zum Design. Sie beziehen externe Agenturen ein, teils parallel innerhalb eines Projekts.

MAX RUHDORFER: Das war vor allem in der starken Innovationsphase der vergangenen zehn Jahre der Fall. Wir haben eine sehr professionelle Designagenturlandschaft in unserer nächsten Umgebung. Man kennt sich nicht zuletzt über das eine oder andere Treffen im Design Center Baden-Württemberg und geht sehr partnerschaftlich miteinander um. Natürlich bedeutet das erhöhten Koordinationsaufwand, aber das ist leistbar. Konkret waren Busse, Tricon Design, Einmaleins und das UP Designstudio involviert. Gestalterisch und darstellerisch sind die Büros alle auf einem Top-Niveau, zusätzlich braucht es noch die Fähigkeit der Zielfokussierung, also Kosten- und Zeitrahmen in einem Projektmanagement gekonnt steuern zu können.
 

Nochmals kurz zur Digitalisierung. Wie gehen Sie bei der Konzeption von HMIs vor?

MAX RUHDORFER: Primär geht es um Übersicht und Lesbarkeit der Bedienelemente. Entsprechend groß dimensionieren wir die farbig beleuchteten Tastenfelder unseres Systems „Z-Control“. Schließlich sollen sie auch mit Handschuhen einfach und fehlerfrei zu bedienen sein – daher sind die Tasten nach ergonomischen Gesichtspunkten angeordnet. Lichtintensive, hoch brillante Displays mit Lichtsensor zum Abblenden sind weitere Voraussetzungen.

Während der Fahrt zum Einsatzort werden nur jene Funktionen angezeigt, die in dieser Phase gebraucht werden, alles andere wird ausgeblendet. Beginnt der Einsatz, werden nach und nach die nun gebrauchten Funktionen aktiviert. Diese Benutzerführung hilft in Stresssituationen entscheidend. Einfache Farbgebung und Animationen in Form pulsierender Tasten unterstützen die Orientierung: Die Displays zeigen Informationen oder Zustände sowie Warnungen oder Fehlermeldungen, die teilweise quittiert werden müssen. Füllstände werden digital erfasst, aber analog dargestellt.

Das gesamte HMI-Setting haben wir modular nach der Einsatztaktik und den gewählten Komponenten (beispielsweise Schaum- oder Pulveranlagen) konzipiert. Diese Module werden kundenindividuell integriert und angeordnet. Symbole und Klartexte richten sich nach der Sprache und dem Trainingsstatus der Kundeninnen und Kunden. Das HMI ist normgerecht und lässt sich an die spezifischen Anforderungen einer Region oder Kommune anpassen. Letztlich geht es ja darum, dass unsere Technik sicher bedienbar, im Trainings- und Ernstfall Fehler ausschließt und Sicherheit gibt.
 

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ALBERT ZIEGLER GMBH

Die Albert Ziegler GmbH beschäftigt insgesamt rund 1400 Menschen, die auch Ambulanzfahrzeuge für den Rettungseinsatz bauen. Kern ist aber der Bau von Feuerwehrfahrzeugen am Stammsitz in Giengen/Brenz. Zudem produziert das Unternehmen an drei weiteren Standorten in Deutschland sowie an sechs internationalen Standorten. Bei den Flugfeld-Löschfahrzeugen ist Ziegler sogar fast weltweit präsent. Im Ranking befindet sich Ziegler weltweit stets unter den „Top 5-Anbietern“, in Deutschland und den Niederlanden ist man Marktführer bei Lösch- und Industriefahrzeugen.


ziegler.de

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