Mia Seeger Preis 2017

Ergebnisse

Die Mia Seeger Stiftung konnte 2017 dank der großzügigen Unterstützung der Baden-Württembergischen Bank und des Rat für Formgebung den Preis mit einer Preissumme von insgesamt 10.000 Euro ausloben. Zur Teilnahme am jährlichen Wettbewerb der Mia Seeger Stiftung waren Studenten und Absolventen an deutschen Hochschulen aus gestalterischen Studiengängen mit Studien und Abschlussarbeiten, die in den Jahren 2015 bis 2017 entstanden sind, eingeladen.

Aus 24 Hochschulen in der Republik waren 65 Bewerbungen eingegangen. Studien- und Diplomarbeiten als 3D-Modelle oder grafische Darstellungen, visuell dokumentarisch aufbereitet, hatten sich dem kritischen Urteil der Jury zu stellen. Am 9. Mai 2017 hatte die Jury ihre Auswahl getroffen. Alle eingereichten Studien- und Diplomarbeiten hatten sich dem kritischen Urteil der Jury zu stellen.

Vier Teilnehmern erkannte sie den Mia Seeger Preis zu, drei weiteren Bewerbern sprach sie eine Anerkennung aus. Bei der Bewertung der eingereichten Entwürfe ist neben den üblichen Designkriterien der soziale Nutzen entscheidend.

An der Jury wirkten in diesem Jahr mit:
Elke Weiser, Designerin, Weiser_Design, Stuttgart, Mia Seeger Preisträgerin 1993
Christian Rogge, Senior Industrial Designer, Lunar Europe GmbH, München
Armin Scharf, Freier Journalist, zwomp.de, Tübingen
Oliver Stotz, Industriedesigner, stotz-design.com, Wuppertal, Mia Seeger Preisträger 1992
Professor Justus Theinert, Produktgestalter, Hochschule Darmstadt

Zur Mia Seeger Stiftung

Mia Seeger war die „Grande Dame“ des Design. Mit der Weißenhofsiedlung 1927 in Stuttgart begann ihre Laufbahn. Bald war sie an weiteren Ausstellungen des Deutschen Werkbundes beteiligt. Die Bundesrepublik hat sie vielfach als Kommissarin zu Triennalen in Mailand entsandt und zur ersten Leiterin des Rat für Formgebung berufen, den sie zwölf Jahre lang führte. Sie war selbst keine Designerin, sondern Design-Vermittlerin und -Beraterin. 1986 rief sie die nach ihr benannte Stiftung ins Leben, deren Zweck die Bildung junger Gestalterinnen und Gestalter ist. Namhafte Sponsoren aus der Wirtschaft haben sich ihren Zielen angeschlossen. Mit der Absicht, besonders den Nachwuchs im Design zu fördern und ihn dabei zur Auseinandersetzung mit sozialen Fragen aufzufordern, schreibt die Stiftung jährlich den Mia Seeger Preis unter dem Motto „was mehr als einem nützt“ aus.
Preise und Anerkennungen beim Mia Seeger Preis sind hervorragende Referenzen für junge Designer, die unter anderem den Weg in den Berufseinstieg ebenen können. Die Publikation im weltweit vertriebenen Jahrbuch sowie die Präsentation der ausgewählten Exponate bieten neben der finanziellen Förderung ein zusätzliches Plus für die ausgezeichneten Juniordesigner.

Preisverleihung 

am 13. Oktober 2017, 19 Uhr im Scala, Stuttgarter Str. 2, 71638 Ludwigsburg
 

Ausstellung und Öffnungszeiten

vom 14. Oktober bis 22. November 2017
im MIK Museum – Information – Kunst, Eberhardstraße 1, 71634 Ludwigsburg

täglich von 10 bis 18 Uhr
donnerstags von 10 bis 21 Uhr
am 31. Oktober und 1. November geschlossen

Öffentliche Führungen
Sonntag, 15. Oktober, 16 Uhr
Sonntag, 05. November, 16 Uhr
Donnerstag, 16. November, 18.30 Uhr

Freier Eintritt in die Ausstellung und zu den Führungen.

Mia Seeger Preis 2017
Preisgeld 4.000 €



Bodensensitive Landwirtschaft - Den Boden verstehen und sensitiv nutzen

Entwurf
Janine Dasbeck, Kiel
janine.dasbeck@posteo.de

Studium/Hochschule
Industriedesign/Medical Design, Master of Arts Muthesius Kunsthochschule Kiel

Betreuung
Prof. Detlef Rhein
Prof. Dr. Norbert Schmitz

Wenn der Bauer will, dass sein Ackerboden gesund bleibt, braucht er vernünftige Daten. Das geht nicht ohne Messgerät.
Er stößt den Probennehmer kräftig in die Erde und steckt ihn in die Messschiene zurück; auf ihr schiebt er das eckige Sensormodul langsam über die Probe hinweg; es zeigt ihm die Messwerte an und speichert sie. Zum Schluss zieht er den roten Auskratzer aus der Fußraste und säubert die Probenrinne. Das GPS im Sensormodul führt ihn zum nächsten Messpunkt. – Die übers Jahr ermittelten Messdaten helfen ihm zu entscheiden, was er dann anbauen wird.

Jury:
Vom Spaten leitet sich die Grundform ab; die kräftig zupackende Geste des Probenehmens ist darin angelegt. Ihr ist die Glätte und subtile Detaillierung der Messschiene entgegengesetzt; Aussparungen und sparsame Markierungen regieren die Feinmotorik des Messens. Das Sensorkästchen aber sticht von beidem ab; kantig hebt es sich hervor und verspricht Präzision. Das Grobe und das Feine, so gut erscheint es ausbalanciert, dass es noch an der Ausformung der Griffe wiederkehrt. Es wird der sensitiven Nutzung der Ressource Boden zugute kommen.

 

Mia Seeger Preis 2017
Preisgeld 3.000 €
 


bloop - Autotransfusionssystem für Entwicklungsländer
 
Entwurf
David Wojcik, Augsburg
dw@boxbote.de

Studium/Hochschule
Produktgestaltung, Bachelor of Arts Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd

Betreuung
Prof. Dr. Susanne Schade
Prof. Dr. habil. Jürgen Held


Verbluten ist eine der häufigsten Todesursachen in Entwicklungsländern. Ein Gerät zur Autotransfusion verspricht Abhilfe. In seiner Basic-Ausführung saugt es nach dem Syphonprinzip Blut in der Wunde auf, setzt ihm ein gerinnungshemmendes Mittel zu, reinigt und leitet es in den Blutbeutel. Eine aufsetzbare Pumpe mit Handkurbel verbessert die Absaugleistung. Mit einer elektrischen Pumpe, Akku und Ladestation eignet es sich dann schon für kleinere Krankenstationen. Schließlich wird in Verbindung mit einer Zentrifuge der in Industrieländern gängige Standard erreicht.

Jury:
Notversorgung zuerst. Dem wird ein einfach zu handhabendes und leicht zu reinigendes Instrument gerecht. Die weiteren Ausbaustufen sind für eine breitere, bequemere und medizinisch zunehmend anspruchsvollere Behandlung gedacht. Die High-End-Version erlaubt dann Operationen, die ohne Autotransfusion lebensgefährlich wären. Voll Eifer und mit Gespür dafür, was wirklich Not tut, hat der Designer nicht nur eine einleuchtende Lösung entwickelt, sondern auch einen Businessplan für Herstellung und Vertrieb seines Produkts aufgestellt.

 

Mia Seeger Preis 2017
Preisgeld 1.500 €



All you can eat - Living with food allergies
 
Entwurf
Lisa Reichardt, Kiel
hello@lisareichardt.de

Studium/Hochschule
Industriedesign/Interface Design, Master of Arts Muthesius Kunsthochschule Kiel

Betreuung
Prof. Frank Jacob
Jens Alexander Ewald
Prof. Dr. Norbert M. Schmitz


Woher will ein Allergiker wissen, ob das Essen, das vor ihm steht, ihm Probleme schafft? Von dem, der es zubereitet hat, erfährt er höchst selten, was alles drin ist. Er braucht ein Instrument, das analysiert, ob in dieser Speise ausgerechnet seine Allergene sind. Und ideal wäre es, wenn dasselbe Instrument genau diese Allergene denaturieren, also für ihn unschädlich machen könnte, und zwar alle auf seinem Teller. Dies einmal angenommen, führt das Gerät seinen Nutzer über das Display durch eine Folge weniger Handgriffe und wünscht zum Schluss guten Appetit.

Jury:
Aus der Luft gegriffen ist die Annahme nicht. Die Entwerferin beruft sich auf Forschungen, die den Lebensmittelallergien mit Massenspektrometrie und mikromechanischer Ultraschalltechnik beikommen wollen, und komponiert daraus eine kleine, dem Essen vorausgehende Zeremonie, darin ein Mittelding aus Essstäbchen und Zauberstab der Speise ihre unsichtbare Gefahr nimmt. Dessen filigrane Gestalt und dunkler Glanz sagen dem Allergiker, dass er etwas sehr Kostbares in Händen hält. Es verspricht ihm, dass er sein Mahl sorglos genießen kann.

 

Mia Seeger Preis 2017
Preisgeld 1.500 €



ToTug - Einparkhilfe für Schiffe und Frachter

 
Entwurf
Yves Kaprolat, Frankfurt am Main
yves.kaprolat@gmx.de

Studium/Hochschule
Design, Semesterprojekt Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main

Betreuung
Prof. Frank Zebner

Wie bugsiert man ein großes Schiff, egal ob Passagierdampfer oder Frachter, in den Hafen? Künftig mit einem Schwarm von Unterwasserdrohnen. Sie schieben das Schiff an seinen Liegeplatz. Dazu verfügt eine Drohne vorne über einen Andockring mit sensorischem Auge und hinten über eine starke Turbine mit Ringpropeller. Die drei längsseitigen Rippen sind Schwimmkörper; im Inneren finden sich die verschieden Komponenten zur Stromspeicherung, zur Steuerung und Koordination, sowie zum Auf- und Abtauchen. Die Drohne kann autonom oder im Schwarm agieren.

Jury:
Zunehmende Umschlagsmengen in den großen Häfen, aber auch steigende Unfallzahlen – überzeugend legt der Entwerfer dar, welchen Ausweg aus dem überstrapazierten Konzept vom Schlepper dirigierenden Lotsen er sieht. Hinsichtlich der technischen Ausstattung der Drohnen lässt er sich von Prototypen im U-Bootsbau anregen und fügt die Komponenten schlüssig zu einer funktionalen Gestalt. Der Lotse braucht nicht mehr an Bord zu kommen; er überwacht die Manöver des Schwarms am Bildschirm. Die auffällige Farbkombination soll nur Unbeteiligte warnen.

 


 

Mia Seeger Preis 2017
Anerkennung


Rurale Mobilität - Ein multifunktionales Cluster

Entwurf
Julia Hunold, München
mail@juliahunold.com

Studium/Hochschule
Industrial Design
Produkt-Design, Master of Arts Kunsthochschule Berlin Weißensee

Betreuung
Prof. Nils Kröger
Prof. Jörg Petruschat


Ein vielfältig nutzbares Fahrzeug, das Bus, Auto und Lieferwagen ersetzt. Autonom macht es seine Runde über die Dörfer, hat einen quadratische Grundfläche, Türöffnungen an allen vier Seiten, in jeder Ecke eine Funktionssäule, in der die Steuerungs- und Antriebstechnik für die in jede Richtung lenkbaren Räder steckt. Das vereinfacht das Manövrieren, Andocken, Umsteigen und Beladen mit geeignet ausgelegten Rollcontainern, die auch der Stromversorgung dienen. Je weniger Personen um so mehr Waren können mitfahren, und umgekehrt. Das lastet die Fahrzeugflotte besser aus.

Jury:
Eine derart offen und einladend wirkende rollende Kabine macht erst im Flottenverband Sinn, wenn dann auch ein flächendeckendes Netz von Rundkursen im „Ringtakt“ für kurze Wartezeiten und günstige Anschlüsse sorgt und es in den Dorfzentren Umsteige- und Umschlagplätze mit Warte und Lagerraum, mit Informations- und Stromversorgung gibt. All das ist bedacht und in ein stimmiges Konzept für ländliche Infrastruktur gegossen. Verkehrspolitisch gesehen, bietet autonomes Fahren also weit mehr, als die Unzuverlässigkeit von Autofahrern auszubügeln.

 

Mia Seeger Preis 2017
Anerkennung


Polaris - Zukunft der Mobilität in der Polarforschung

Entwurf
Carlos Schreib, Berlin
info@carlos-schreib.com

Studium/Hochschule
Produkt-Design, Master of Arts
Kunsthochschule Berlin Weißensee

Betreuung
Prof. Nils Krüger
Prof. Jörg Petruschat


Um wie viel leichter fiele den Forschern im ewigen Eis ihre Arbeit, wenn sie im hybrid angetriebenen Kettenfahrzeug sitzen könnten und ihr Bohrturm für Eisproben, ihre weitere Ausrüstung und die Energieversorgung folgte ihnen in ähnlichen Schneemobilen. Das Fahrwerk ist durchweg das gleiche. Mit vier gelenkigen Raupen trotzt es den Fährnissen dahinschmelzender Gletscher. Darauf aufgesetzt ist ein Strukturrahmen, der je nach Zweckbestimmung mit unterschiedlichen Wand- und Decken-, Einrichtungs- und Technik-Komponenten ausgestattet ist.

Jury:
Das Konzept gründet auf einer ausführlichen Recherche beim Alfred-Wegener-Institut über dessen Aktivitäten in den Polargebieten und der dazu erforderlichen Logistik. Aus den Bedingungen für den Transport zum Einsatzort ist die Dimensionierung der Fahrzeuge abgeleitet, aus der Struktur der Forschungsaufgaben ihre Ausdifferenzierung. Mit der Trennung von Aufbau und Antrieb ist eine Modulbauweise begonnen, die sich in der Ausstattung der Aufbauten formal schlüssig fortsetzt. Gut möglich, dass so auch ganz andere Expeditionen auszurüsten wären.

 

Mia Seeger Preis 2017
Anerkennung


Gut gelagert - damals, heute, morgen

Entwurf
Valeria Santagati-Juraschek, Kassel
mail@valeriasantagati.de

Studium/Hochschule
Produkt Design, Diplomdesignerin Kunsthochschule Kassel

Betreuung
Prof. Jakob Gebert
Steffen Kehrle

Der Verschwendung von Lebensmitteln wäre doch auch mit einer gescheiten Lagerung beizukommen. Für das, was nicht zwingend in den Kühlschrank muss, stellt der Entwurf vier unterschiedlich ausgestattete Kuben aus Edelstahlblech bereit: 'Terra' nach Art einer Schütte für Kartoffeln oder Zwiebeln; 'Aria' mit rundem Vakuumbehälter für Karotten und Tomaten oder Kaffee und Tee; 'Acqua', das in seiner keramischen Front erdunstungskälte erzeugt, für Gemüse oder Käse; und 'Cosmico' als offenes Regal für verpackte Nahrungsmittel oder Geschirr.

Jury:
Ein kluger Lösungsansatz, weil die Entwerferin erst untersucht, wie Lebensmittel früher und bis heute haltbar gemacht wurden und wie welche Sorten optimal aufzubewahren wären, und daraufhin ihre vier Module vorschlägt. Dabei setzt sie auf möglichst einfache Techniken und prüft sie selber auf ihre Tauglichkeit. Sorgsames, differenziertes Lagern – das ist ihr Weg zu einem qualitätserhaltenden, zu einem wahren Aufbewahren, das bis zum Aufzehren geht. Und ein kleinerer Kühlschrank tut's dann auch.