Interview: Armin Scharf | Abbildungen: büro s Visuelle Gestaltung


Nachhaltiges Kommunikationsdesign

Die „NaturErlebnisWoche“ war ein Projekt ganz nach dem Sinn von Kathrin Schüle. Dabei ging es um die Konzeption, Gestaltung und Implementierung einer Plattform für die Umweltbildung. Hinter der über mehrere Jahre laufenden Aktion stand die Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, neben der Kommunikation per Print ging es auch um den Aufbau themenspezifischer Websites sowie um die Realisierung von individualisierbaren Web2Print-Angeboten.
Im Portfolio des büro s Visuelle Gestaltung finden sich gleich mehrere solcher Umweltthemen.

Frau Schüle, was beschäftigt Sie gerade?
Ich bin gerade dabei, Piktogramme für ein mittelständisches Unternehmen zu entwickeln, die betriebliche Prozesse darstellen. Generell beschäftige ich mich mit nachhaltiger Konzeption und Gestaltung.
Inwiefern?
Nachhaltigkeit ist gerade bei Print-Produkten ein wichtiger Faktor. Deshalb interessiere ich mich für Möglichkeiten, Projekte wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig umzusetzen. Das heißt, ich gestalte von Beginn an so nachhaltig wie machbar, beginnend mit der Wahl des Formats, der Farbigkeit. Das setzt sich mit der Beratung zu Auflagenhöhe, Papier, Druckverfahren, Veredelung und der Wahl lokaler Dienstleister fort.
In Ihrem Portfolio finden sich viele Beispiele aus dem Umwelt- und Bildungsbereich.
Diese Themen sind in der Tat wichtig für mich, ich sehe das auch als Verpflichtung. Eine gute Gestaltung steigert das Interesse an diesen Themen und zeigt Zusammenhänge klarer auf. Als ich mein Büro gegründet habe, bin ich speziell auf diese Bereiche zugegangen. Aber natürlich arbeite ich auch für Auftraggeber mit ganz anderen Themen, etwa für mittelständische Unternehmen.
Was verbindet diese Kunden?
Wichtig für mich ist, dass man sich in interessierter, wertschätzender und respektvoller Weise begegnet. Genau genommen betrifft das alle, die am Entstehungsprozess beteiligt sind. Das ist nicht nur sehr effektiv, es ist auch erfüllend. Der direkte Kontakt ist für mich von Interesse, daher beziehe ich nach Möglichkeit regionale und bewährte Partner ein. Ich bin bestrebt, lange Beziehungen aufzubauen, weil diese nach meiner Erfahrung die gewünschten Ergebnisse bringen. Und das für alle Beteiligten. Wenn ich für einen Kunden über viele Jahre arbeite, dann bin ich mit dessen Kultur, Anforderungen und Wünschen vertraut.
Ein Beispiel?
Die Horn Verpackung GmbH in Winnenden ist ein Kunde der ersten Stunde, also seit ungefähr 20 Jahren. Wir pflegen gegenseitiges Vertrauen und können auftauchende Probleme offen ansprechen. Kundenbeziehungen sind mit Partnerschaften vergleichbar, man sollte dahinterstehen. Der respektvolle Umgang gehört natürlich auch dazu und idealerweise eine ähnliche Werte-Konstellation. Für Horn erstelle ich Geschäftsdrucksachen, Unternehmensbroschüren, die Web- und Messegestaltung.
Darf man als Kommunikationsdesignerin einen eigenen Stil haben?
Das ist nicht so einfach zu beantworten, da ich an kundenspezifischen Lösungen arbeite. Ich denke, es ist sinnvoller von stilbildenden Merkmalen zu sprechen, die miteinander kombiniert werden, beispielsweise Typografie und Farbgebung. Wird etwas zu starr, dann entsteht Langeweile – für den Betrachter, aber auch für diejenigen, die gestalten. Und schließlich verlangen unterschiedliche Aufgaben auch unterschiedliche Herangehensweisen. Das Interessante daran ist die permanente Weiterentwicklung. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Ich denke, dass meine Arbeiten formal recht reduziert sowie strukturiert sind.
Schwingt da noch Ihr Studium an der Hochschule für Gestaltung in Schwäbisch Gmünd nach?
Die Zeit an der HfG in Schwäbisch Gmünd hat mich definitiv stark geprägt. Das Studium dort ist sehr umfassend, intensiv und interdisziplinär geprägt. Man erarbeitet sich die Kompetenz, komplexe Gestaltungsaufgaben zu lösen, eignet sich Methoden, Techniken und Projekterfahrungen an, also Bausteine, die sich im Beruf dann individuell kombinieren lassen. Eine große Rolle spielen systematische, auch wissenschaftliche Vorgehensweisen, gepaart mit methodischem Denken. Außerdem legt man an der HfG Wert auf Praxis, Menschlichkeit und Gesprächskultur.
Sie arbeiten auch interdisziplinär – etwa mit Ihrem Mann, selbstständig wie sie, aber Informatiker. Um was geht es da genau?
Wir haben eine Bürogemeinschaft, also kürzeste Kommunikationswege. Bei digitalen Projekten kommt es oft zu Brüchen zwischen den Intentionen des Designs und der Umsetzung per Programmcode. Das passiert hier nicht, wir wissen, was der andere beabsichtigt und können uns direkt über technische oder gestalterische Details abstimmen. Unsere Kunden erhalten also stringente Umsetzungen, so etwa beim Naturerlebnis-Projekt.
Digitale Medien sind haptisch anders zu bewerten, wie gehen Sie damit um?
Die Haptik ist ein ganz zentrales Element der analogen und digitalen Gestaltung. In der analogen Welt sind neben der Textur auch Viskosität, Masse, Form sowie Temperatur relevant, bei digitalen Projekten geht es eher um Fläche, Raum und Zeit. Hier spielt sich die Kommunikation ab, das ist sehr subtil. Passt die Haptik zum Kontext, dann ist sie ein wertschöpfender Faktor.
Was hat Sie einst bewogen, das eigene Büro zu gründen?
Ich habe in mehreren Büros und Agenturen gearbeitet, auch schon während des Studiums. Das lief dort teilweise sehr arbeitsteilig ab. Mir ist es aber wichtig, den ganzen Prozess zu begleiten, vom ersten Briefinggespräch bis hin zur Druckabnahme, wenn es sich um Print-Projekte handelt. Außerdem schätze ich die Abwechslung, Flexibilität und kurze Entscheidungs- sowie Kommunikationswege. All das kann ich im eigenen Büro bestens realisieren.
Als Solo-Selbstständige kommt man mitunter an die eigene Kapazitätsgrenze. Ist das ein Problem für Sie oder Ihre Kunden?
Von dieser Unternehmensform bin ich überzeugt. Denn ich bin so in der Lage, schnell zu reagieren und meine Kunden individuell sowie persönlich zu betreuen. Mit dem Netzwerk, das ich in den vergangenen Jahren aufgebaut habe, kann ich viele Leistungen abdecken, neue Impulse umsetzen und bei Bedarf die Kapazitäten erweitern.

büro s Visuelle Gestaltung

Seit 2000 entwickelt Kathrin Schüle in Remshalden-Grunbach analoge und digitale Kommunikationsprodukte für Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Auch Kunden aus dem öffentlichen Bereich und Kultur-Institutionen finden sich im Portfolio. Viele Projekte setzen sich mit Umwelt- und Bildungsthemen auseinander. Digitale Projekte realisiert Kathrin Schüle mit ihrem Mann, einem freiberuflichen Informatiker.
www.buero-s.de


Kathrin & Dieter Schüle