Interview: Armin Scharf | Fotos: Nyta

„Wir wollen schlank bleiben“


Mit der Tilt begann alles: Die Leuchte mit ihrer sanften Kegelform und dem verkippbaren Lampenschirm ist so etwas wie der Nukleus von Nyta. Der jungen Leuchtenmarke aus Karlsruhe gelang mit Tilt ein veritabler Markteinstieg – zunächst in Skandinavien. Inzwischen ist Tilt mit ihrem simplen, aber effektiven Verkipp-Prinzip auch in Japan, den USA, Australien, Mexiko und natürlich in Deutschland zu haben, auch in Wand-, Steh- oder Kugelvariante. Formale Reduktion prägt das gesamte Portfolio von Nyta, zu der auch Pong gehört, eine Pendelleuchte, die in der akkubetriebenen Version beim Focus Open 2019 mit einer Special Mention bedacht wurde.

Herr Müller, was unterscheidet Nyta von anderen Leuchtenlabels?
Wir können mit einer hohen Designkompetenz punkten. Zwei von uns dreien, die Nyta 2012 gründeten, sind Designer, also Johannes Marmon und ich. Fabian Maier wiederum ist Architekt und Lichtplaner, zusammen ein ideales Team also. Wir legen Wert darauf, unsere Teile und Komponenten so weit wie möglich von Partnern aus der EU zu beziehen. Wir ordern keine Großchargen in Asien, sondern setzen auf mittlere Mengen, die in einem steten Fluss zu uns kommen. So können wir Änderungen oder Anpassungen an Sonderaspekte schnell vornehmen. Wir pflegen einen engen Kontakt zu unseren Zulieferern und haben so die Qualität unmittelbar im Blick. 

Mit der Tilt fing alles an. Auch sie wuchs inzwischen zu einer ganzen Familie, das Prinzip des Verkippens ist dabei immer gleich geblieben.

Ihre Designsprache würden Sie wie beschreiben?  
Sehr reduziert, aber immer fein ausgestaltet in den Details. Wir setzen auf formale Eigenständigkeit und besondere Produktideen.

Was treibt denn diese Ideen – die Technologie oder das Formale?
Das lässt sich so nicht sagen. Erstens denken wir nicht in den klassischen, oft komplementären Rollen Ingenieur und Künstler. Zweitens spielen bei der Entstehung eines Produktes viele Faktoren mit, etwa die Benutzung, das Material, die Produktion oder der Verkauf. So tragen zur Konzeption auch die Perspektiven des Vertrieblers, des Wirtschaftlers, der Lageristen, der Lichtplaner und natürlich der Anwender bei. Gutes Design basiert in unseren Augen auf einem positiven Kompromiss aller Interessen. Um eine solche gute Synthese zu erreichen, beziehen wir möglichst viele dieser Aspekte bereits bei der Ideenfindung mit ein.
Daher finden Sie bei uns sowohl eher formal motivierte Leuchten im Portfolio wie auch technologiegetriebene. Die Pong Battery ist dafür ein Beispiel. Diese Pendelleuchte verfügt zwar über ein Kabel, aber keinen Netzstecker, ihre Energie bezieht sie aus einem Akku. Das Kabel dient nebenbei der Aufhängung der Leuchte. Oft diskutieren wir lange, bis unser Anspruch auf eine ganz besondere Lösung rund ist. Bei der Pong hat das sehr lange gedauert.

Die Pendelleuchte Pong gibt es in unterschiedlichen Varianten, auch akkubetrieben. Das Kabel
übernimmt die Rolle der Fixierung, am Ast unterm Baum zum Beispiel.

Ich nehme an, dass Ihr Design intern entsteht.
Ja, aber wir wollen auch externe Designideen nutzen. Die Pong gestaltete beispielsweise Simon Diener aus Karlsruhe.

Und welche Zielgruppe haben Sie bei der Konzeption im Blick?
Wir sind gestartet mit dem Fokus auf den designaffinen und qualitätsbewussten Endkunden. Inzwischen haben wir uns weiter in Richtung Projektgeschäft entwickelt, unsere Leuchten finden sich heute auch in Hotels, Lounges, in der Gastronomie. Das wiederum beeinflusst unsere Produktentwicklung und fordert Sondervarianten, die wir dank unserer flexiblen Produktionspartner gut umsetzen können.

Ihr Team besteht aus nur sechs Personen – davon dürfte der größte Teil den Vertrieb managen, oder?
Nein. Wir haben gar keinen eigenen Vertrieb. Um schlank zu bleiben, kooperieren wir mit verschiedenen Distributoren, die für die Märkte in Europa, Asien und Übersee zuständig sind. Dieses Zwischenhändler-Modell verfolgen wir seit Beginn.

Ein gutes Stichwort, wie war denn der Start, damals im Jahre 2012?
Als frische Hochschul-Absolventen waren wir voller Leuchtenideen, die wir gerne auf den Markt bringen wollten. Und zwar in eigener Regie. Ein bisschen hemdsärmelig war das schon, aber der Einstieg gelang gut, weil wir gleich einen Vertriebspartner fanden, der uns in Skandinavien erfolgreich platzierte. Uns war die Relevanz des Vertriebes klar, also setzten wir alles daran, an ein bestehendes Netz anzudocken. Das ist uns gelungen, zuerst in Skandinavien, dann auch in anderen Gebieten. Heute arbeiten wir mit neun Distributoren zusammen.

Wieso Skandinavien?
Unser erster Vertriebspartner ist auf Skandinavien spezialisiert. Und offenbar hat unsere reduzierte Formensprache den dortigen Nerv getroffen. Auf jeden Fall ging es gleich nach der Gründung für uns ziemlich steil nach oben. Das hat uns in den ersten Jahren einen wichtigen Schub gebracht.

Eigentlich sind Leuchten sehr langlebige Produkte, dennoch die Frage: Wie halten Sie es mit der Reparierfähigkeit und Nachhaltigkeit Ihrer Produkte?
Die Leuchte Pong haben wir so konzipiert, dass sie möglichst leicht zu trennen ist und beispielsweise der Akku ersetzt werden kann. Das ist relativ einfach, während es bei den LED-Modulen schon schwieriger wird. Die schnelle Entwicklung der LED-Technologie erschwert es, die Reparatur über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten. Das ist ein Knackpunkt, leider. Dennoch haben wir das Thema im Blick.

Wer Großserien sucht, wird bei Nyta kaum fündig: Die Leuchten entstehen mit viel Handarbeit, sowohl beim Finish wie auch bei der Montage.

Welche Aspekte werden Sie in den nächsten Jahren sonst noch beschäftigen?
Ich denke, Leuchten werden allgemein mobiler und kleiner werden, der Betrieb mit Akkus unterstützt diese Entwicklung. Und natürlich wird die Effizienz der Leuchten weiter zunehmen.

Und wie entwickelt sich Nyta?
Erfolgreich natürlich. Im Ernst: Wir wollen schlank bleiben, damit wir flexibel sein können. Das ist für uns extrem wichtig. Wir denken zwar, dass wir wachsen werden, aber wir wollen keinen Massenmarkt bedienen. Dafür fühlen wir uns in der Nische zu wohl, in der wir die Eigenständigkeit unserer Produkt und unseres Unternehmens leben können.

Letzte Frage: Sie listen eine ganze Reihe von Designawards auf, darunter den Focus Open 2019. Wie wichtig sind derlei Auszeichnungen für ein junges Unternehmen?
Für uns waren die Awards sehr wichtig, vertrieblich, aber auch intern. Denn Awards bestätigen ja, dass man auf dem richtigen Weg ist und motivieren, diesen weiterzugehen.

Nyta UG

2012 gründeten Johannes Müller, Johannes Marmon und Fabian Maier in Karlsruhe die Nyta UG. Das Unternehmen mit insgesamt sechs Mitarbeitenden hat sich auf minimalistische Leuchtenfamilien spezialisiert. Vertrieb und Produktion werden mit externen Partnern abgewickelt, das Kernteam arbeitet derweil an der Entwicklung und dem Design der Leuchten. Künftig will sich Nyta noch stärker dem Projektgeschäft widmen, also der Ausstattung von gewerblichen Objekten.
www.nyta.eu

Zwei der drei Nyta-Gründer: Johannes Marmon und Johannes Müller (von links)