PARTNER SEIT 33 JAHREN

Lange Partnerschaften zahlen sich aus, auch im Design. Diesen Schluss legt zumindest die Kooperation zwischen Hansgrohe und Phoenix Design nahe, die 1987 in Gang kam und bis heute von großen Erfolgen gekennzeichnet ist. Wie aber bleibt man auch über so lange Zeiträume kreativ, innovativ und von neuen Ideen angetrieben. Dass es geht, bejahen Andreas Diefenbach, Managing Partner bei Phoenix Design und Jan Heisterhagen, Vizepräsident Product Management bei der Hansgrohe SE in Schiltach.
Interview: Armin Scharf
 
Herr Diefenbach, die Zusammenarbeit zwischen Hansgrohe und Phoenix dürfte eine der längsten in der hiesigen Designbranche sein. Wie ging es denn damals los?
Andreas Diefenbach: Da muss ich etwas ausholen. Andreas Haug, einer unserer beiden Gründer, rief zusammen mit Hartmut Esslinger Anfang der 1970er Jahre Frog Design ins Leben. Lange bevor Steve Jobs Anfang der 1980er Jahre auf der Suche nach einer Apple-Designsprache dort anklopfte, entwickelte Frog Design die Handbrause „Tri-Bel“ für Hansgrohe. Das war 1972! Klaus Grohe wollte damals Farbe ins Bad bringen und heimste mit dem total neuen Produkt den ersten Designpreis für Hansgrohe ein. Und das war der Beginn einer bis heute währenden erfolgreichen Partnerschaft. Als Tom Schönherr und Andreas Haug dann 1987 Phoenix Design gründeten, entschied sich Klaus Grohe mitzugehen und wurde der erste Kunde des jungen Designstudios.

Phoenix Design (1998): Tom Schönherr (Gründer, li.) Andreas Haug (Gründer, re.)
 
Eine solch langjährige Kooperation erscheint in den rasanten Zeiten von heute als große Ausnahme.
Andreas Diefenbach: Erfolgreiche Designstudios haben fast immer einen oder zwei langfristige Partner. Das bringt nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ besondere Ergebnisse. Aber als Designer erreicht man dies nur gepaart mit weitsichtigem und mutigem Unternehmertum, so wie es Hansgrohe pflegt. Der gemeinsame Weg ist aber nicht linear, sondern immer wieder transformativ-zirkulierend. Denn visionären Unternehmen geht es nicht um eine inhaltliche, zeitliche oder monetäre Etappe. Sie verfolgen einen übergeordneten Zweck, der auf einem unendlichen Kreislauf basiert. Dieses Mindset unterscheidet kurzfristig von langfristig denkenden Unternehmen.
 
Herr Heisterhagen, was sagen Sie als Hansgrohe-Mann dazu? Ist Kontiniutät im Design ein Erfolgsfaktor?
Jan Heisterhagen: Ich glaube beides hat seine Vor- und Nachteile, wie vieles im Leben. Wir arbeiten innerhalb der Hansgrohe Group mit beiden Modellen sehr erfolgreich. Unsere Premium-Marke hansgrohe lebt die Kontinuität mit Phoenix Design. Hingegen sind wir mit unserer Marke Axor seit 1993 bewusst mit international bekannten Designgrößen wie Philippe Starck oder Jean-Marie Massaud unterwegs.
 
 
links: Axor Arco, Foto: Hans Hansen (1989)
rechts: Axor Uno Select Chrome (2020)

 
Wie gelingt es, über die langen Jahre eine Kooperation frisch und inspiriert zu halten?
Jan Heisterhagen: Ich würde sagen, es sind zwei Dinge. Zum einen fordert unser Tüftlertum den Designpartner immer wieder heraus, zum anderen kommen diese auch mit Ideen auf uns zu. Wir beschäftigen ganz bewusst kein Inhouse-Designteam, weil wir von den Impulsen, den Erfahrungen, den Ideen, die unsere Designpartner aus anderen Branchen gesammelt haben und mitbringen, profitieren wollen. Auch das hält unsere Kooperationen frisch und lebendig – ich finde das sieht man auch an unseren Produkten.

Andreas Diefenbach: Wie in jeder Partnerschaft oder Beziehung beruht alles auf Gegenseitigkeit. Anthropologisch gesehen gelingt die menschliche Selbst-Werdung nur im Wechselspiel mit Bezugspersonen. Wir brauchen Wechselwirkung und Resonanz, um unser Selbst eigenständig zu entwickeln, die auf Respekt, Wertschätzung aber auch Klarheit und Ehrlichkeit basiert.  Genau diese gemeinsame Geisteshaltung und Wechselwirkung, dieses Kneten, leben wir mit Hansgrohe. Die Verbundenheit einer Kampf- oder Interessensgemeinschaft entsteht über gemeinsame Ziele. Hierbei geht es nicht nur um die Frage „was tun wir“, sondern „wozu tun wir es“. Die permanente Entwicklung und Verwandlung ist die Grundlage unserer gemeinsamen Legacy und der daraus resultierenden Design- und Innovationsführerschaft.
 
Macht dies die Zusammenarbeit mit Phoenix Design so besonders?
Jan Heisterhagen: Das Entstehen eines Produktes basiert nicht auf einem Briefing, es ist vielmehr eine gemeinsame Entdeckungsreise. Wir kneten dabei viel, wie Andreas Diefenbach schon sagte, wir hinterfragen die Dinge. Die Neugierde und die kritische Reflexion aller Beteiligten treiben uns voran.
Phoenix Design kennt Hansgrohe sehr gut: Alle technischen Parameter, Sortimentsbeziehungen, Marktbesonderheiten, Wettbewerber, die aktuellste strategische Ausrichtung des Unternehmens. Phoenix Design ist mehr Familie und Kollege als externe Design-Agency.
 

Jan Heisterhagen
Vizepräsident Product Management bei der Hansgrohe SE

 
In der Industrie kennt man Key Account Manager, die sich nur um bestimmte Kunden kümmern. Wie handhaben Sie das?
Andreas Diefenbach: In der Tat haben wir ein Team, das sich überwiegend mit Hansgrohe beschäftigt. Diese Konstanz, übrigens auch auf der Seite von Hansgrohe, ist sehr wichtig, um die entsprechende Qualität und Produktivität abbilden zu können. Trotzdem beschäftigt sich jeder Designer aus dem Hansgrohe-Kernteam auch mit anderen Themen und Kunden, um einer kreativen Ermattung vorzubeugen. Wir sind einerseits ein Teil von Hansgrohe, andererseits ein freies, inhabergeführtes Kreativunternehmen. Während viele Marktbegleiter im Sanitärmarkt auf interne Designteams setzen, agieren wir wie eine Art Satellit.
 
Gibt es eine spezifische Hansgrohe-Designsprache?
Jan Heisterhagen: Ja, klar. Man erkennt sie an der Tatsache, dass unsere Produkte nicht nach typischen Sanitärprodukten aussehen, weil wir auch optisch ein wohnliches Produkt gestalten möchten. Rainfinity etwa sieht nicht mehr aus wie eine typische Brause, sie verleiht dem immer wohnlicher werdenden Badezimmer einen entsprechenden Look. Dazu gehört auch die Farbgebung, wir wollten die harte Oberfläche Chrom umgehen und viel weichere Charaktere reinbringen. So definierten wir Weiß in Kombination mit einem hochwertigen, ästhetischen dunklen Farbton. Wir legen auch besonderes Augenmerk auf das Strahlscheibendesign sowie die Anordnung der Strahlaustrittsöffnungen, die sehr dekorativ und gleichzeitig ansprechend erscheinen.

Andreas Diefenbach: Wir orientieren uns am Kontext. Dieser wird durch den Menschen und seinen Bedürfnisse sowie Erwartungen bestimmt. Das zweite Element ist der Raum und die Vielschichtigkeit der Wohnwelten. Das Wasser als Element und Ressource ist als dritter Faktor entscheidend. Unsere Designsprache ist somit die Gestaltung einer Beziehung zwischen einem Individuum mit Wasser an seinem individuellen Wohlfühlort.
 

Rainfinity-Ambiente (Phoenix, Hansgrohe)
 
Jeder Produktbereich wartet mit spezifischen Herausforderungen auf – auch Armaturen?
Andreas Diefenbach: Die Armatur an sich ist die Herausforderung. Ich glaube, dass das Paradigma und dessen Bedeutung an sich neu gedacht werden sollte. Auf dem Weg dahin werden wir inkrementell die Funktionalität und den damit zusammenhängenden Nutzwert verbessern müssen. Bei den Fahrrädern ist es auch so: E-Bikes und Pedelecs sind inkrementell neue Produktkategorien. Hansgrohe war immer schon gut darin, neue Produktkategorien und neue Bedeutungen zu schaffen. Hier werden wir weitermachen.
 
Betreuen Sie neben Hansgrohe auch andere Kunden über ähnlich lange Zeiträume?
Andreas Diefenbach: Wir legen aus genannten Gründen seit jeher sehr viel Wert auf herausfordernde und langangelegte Expeditionen. In der Vergangenheit begleiteten wir Unternehmen wie Viessmann, Kaldewei, Gira, Loewe, Laufen. Heute sind es Unternehmen wie Audi, Trumpf, Stiebel-Eltron, Haier Group, Huawei. Und zunehmend auch Start Ups. Bei all den Veränderungen und Entwicklungen ist Hansgrohe seit über 30 Jahren die Konstante geblieben.
 

Andreas Diefenbach, 
Managing Partner bei Phoenix Design

Phoenix Design

Phoenix Design wurde 1987 von Tom Schönherr und Andreas Haug in Stuttgart gegündet. Heute ist das Büro mit rund 80 Mitarbeiter*innen auch mit eigenen Standorten in München und Shanghai präsent. Zu den Kunden gehören namhafte Unternehmen sowohl aus dem Consumer- wie auch Investitionsgüterbereich.

www.phoenixdesign.com

Hansgrohe

Hansgrohe wurde 1901 im Schwarzwald als Drei-Mann-Firma gegründet, wo das Unternehmen noch heute seinen Stammsitz hat. Zu den wichtigsten Neuerungen, die Hansgrohe auf den Markt brachte gehören beispielsweise die Handbrause (1928) oder die Duschstange (1953). Das Unternehmen verfügt über rund 16.000 Patente. Inzwischen umfasst die Hansgrohe Group 33 Gesellschaften, ist weltweit aktiv und beschäftigt rund 4.700 Menschen.
http://www.hansgrohe.com