Text: Armin Scharf I Fotos: Sattler GmbH, Florin Betz, Horst Mohring


Licht braucht Design

Sattler GmbH mit Blocher Partners I code2design


Leuchtende Ringe, mehrere Meter im Durchmesser, voller Eleganz und FIligranität, kaum erkennbar an dünnen Drähten von der Decke abgependelt, fast schwebend. Mit derlei schwerelos anmutenden und formal absolut reduzierten Ringleuchten beginnt die neuere Geschichte der Sattler GmbH. 2008 wurde die Ringleuchte „Circolo“ erstmals präsentiert, eine komplette Neuheit im Markt, der schon damals nach innovativen Lichtlösungen lechzte. Möglich machte die „Circolo“ mit ihrem perfekt gerundeten Profil zum einen die LED-Technologie, zum anderen aber das Knowhow des mittelständischen Unternehmens. Denn schließlich wird aus der Leuchtdiode alleine noch keine Leuchte – erst recht keine, die den Ansprüchen der Sattlers genügt. Denn genauso relevant für das Ergebnis ist die Elektronik zur Ansteuerung der leuchtenden Halbleiter, die Integration all dieser Komponenten in einem formal stimmigen Produkt, das dann auch noch wirtschaftlich hergestellt und installiert werden kann.
 
Foto: Sattler GmbH

Die Mutter aller Ringleuchten: Mit „Circolo” läutete Sattler eine ganz neue Leuchten-
generation ein.

Die Ringleuchte als Benchmark

Die „Circolo“ erhellt seitdem beispielsweise Foyers von Hotels, Unternehmen, Museen und auch das eine oder anderen Privathaus – aus ihr wurde rasch eine Benchmark ihresgleichen. Das Familienunternehmen aus Göppingen variierte das Ringprinzip innerhalb weniger Jahre so geschickt wie überraschend. Bei der Leuchte „Cern“ besteht der Ring komplett aus Acrylglas, in den ein Wellenverlauf eingefräst ist und das eingekoppelte Licht diesen Verlauf mit wechselnden Farben akzentuiert. Mit „Ellipse“ wurde das Rund gestreckt, mit der Reihe „Soft“ entstand eine Metamorphose hin zu drei- und viereckigen, abgerundeten Formen und mit der „Toccata“ tanzen mehrere Rundringe ineinander. Und man begann auch über das Licht hinaus zu denken: So ergänzt eine akustisch absorbierende Stoffbespannung die Innenfläche der „Soft“, bei der „Luce Verde Anello“ kommt Trockenmoos ins Spiel. So ausdifferenziert sich das Ringthema präsentiert, so ist das Portfolio inzwischen um ganz neue Leuchtenfamilien gewachsen, die jeweils vielfältige Varianten umfassen. Beispiele dafür sind die „Avveni“ mit ihrem magnetischen Kugelgelenk oder „Favo“, ein modulbasiertes System für ein flexibel ansteuerbares Lichtnetzwerk an der Decke.
 
Foto: Horst Mohring

Die Suche nach funktionalen Neuerungen kennzeichnet Sattler: Hier die mit Trockenmoos
ausgestattete Ringleuchte „Luce Verde“.

Foto: Sattler GmbH
2015 erhielt die Ringleuchte „Toccata“ den Focus Open in Silber, das Design stammt
von Markus Bischof.

 
Foto: Sattler GmbH

FAVO the light net - Beleuchtungssystem

Agil und auf Qualität bedacht

Die Sattler GmbH ist ein typischer Mittelständler mit rund 70 Mitarbeiter*innen und entsprechend schnellen Entscheidungswegen. Entwicklung, Verwaltung und Produktion sind samt großem Showroom in einem schicken Neubau bei Göppingen angesiedelt, die Wege sind also kurz, räumlich wie auch in den Köpfen. Während Konzerne auf der Suche nach neuer Agilität sind, wird genau dieses bei Sattler schon immer praktiziert. Man ist flexibel, findig, lösungsorientiert. Kommt ein Kunde, meist Architekt oder Lichtplaner, mit speziellen Zusatz- oder Maßwünschen, dann werden diese in Göppingen erhört. Und so entstand das eine oder andere Leuchtenmodell, das sich heute im Portfolio findet, ursprünglich aus einer projektspezifischen Entwicklung heraus. Diese Fähigkeit, Sonderlösungen zu generieren, ist eine der beiden tragenden Säulen des Familienunternehmens. „Wir unterscheiden zwei Produktbereiche, zum einen die so genannte Katalogware, zum anderen die Projektleuchten für ganz spezifische Anwendungen“, erklärt Ulrich Sattler. „Wobei unsere Katalogleuchten nach dem Baukastenprinzip aufgebaut sind und zahlreiche  Individualisierungsoptionen bieten“, so Sven Sattler, der gemeinsam mit seinem Vater Ulrich als Geschäftsführer fungiert.
 
Foto: Sattler GmbH
Der seit 2015 bezogene Neubau vereint Entwicklung, Produktion, Verwaltung und
großen Showroom miteinander. Die kurzen Wege sind hier programmatisch.

Just-in-time

Produziert wird stets auftragsbezogen, Just-in-time also, direkt in Göppingen. „Die Nähe zur Fertigung ist für uns essenziell, nur so können wir maximal flexibel sein und einen hohen Qualitätsstandard bieten“, so Ulrich Sattler. Kleinserien dominieren die manufakturelle Herstellung, bei größeren Stückzahlen „können wir jedoch auf eine serielle Fertigung umstellen“. Sattler bewegt sich in einem ganz besonderen Marktsegment, das weniger von Quantitäten und Preissensibilität geprägt ist. „Wir produzieren keine Massenware, sondern kundenindividuelle Leuchten“, so Sven Sattler zur Positionierung des Unternehmens, das neben Europa in den USA und dem mittleren Osten präsent ist – als nächstes steht die Erschließung des asiatischen Marktes an. Während man auf internationaler Ebene mit Partnerunternehmen kooperiert, ist in den DACH-Ländern eigenes, detailliert geschultes Vertriebspersonal aktiv.

Kooperatives Denken

Wie jedes Unternehmen bedient sich auch Sattler zahlreicher Lieferanten, die die Vorprodukte der Leuchten produzieren. Die elektronischen Komponenten beispielsweise entwickelt man selbst, überträgt die Herstellung dann Partnern, bevorzugt aus der Region. „Wir suchen gemeinsam nach den besten Lösungen im kooperativen Sinne.“ Ulrich Sattler schließt hier auch Designer ein, mit denen das Unternehmen seit rund zehn Jahren zusammenarbeitet. Dabei müsse es auch „menschlich stimmen“, um ein für alle Beteiligten wirklich herausragendes Ergebnis zu erreichen. Ein fast schon familiärer Ansatz der Kooperation, den aber Designer wie Michael Schmidt von code2design schätzen: „Ulrich Sattler ist ein absolut positiver Mensch mit Visionen, großer Empathie und Loyalität. Zusammen mit seiner Frau und den beiden Söhnen, schafft er eine positive und kreative Grundstimmung im Unternehmen, wo man sich immer willkommen fühlt“.

Design gibt die Linie vor

Der Blick ins Portfolio zeigt ganz deutlich, welchen Stellenwert das Design besitzt: „Design hat Priorität“, betont Sven Sattler. Das heißt: Die technische Entwicklung folgt dem Entwurf des Gestalters, Anpassungen werden dann in einem gemeinsamen, iterativen Prozess vorgenommen. „Das ist ein ganz enges Zusammenspiel aus Inhouse-Kompetenz und externen Ideengebern“. Einen festen Entwicklungsprozess sucht man dafür vergebens: Die Neuentwicklungen werden entweder durch Sattler selbst angestoßen und dann ein externer Designer dazugeholt – oder aber Designer kommen mit eigenen Ansätzen auf Sattler zu. Zum Beispiel Alexander Rybol und Jürgen Gaiser vom Architekturbüro Blocher Partners, Theophil Eichler, Markus Bischof, Joerg Krewinkel oder eben Michael Schmidt.
2010 nahm Schmidt erstmals mit einem Entwurf Kontakt auf: „Wir haben dann gemeinsam die Leuchte Angolo realisiert und dabei festgestellt, dass wir sehr ähnlich ticken. 2015 dann kam Ulrich Sattler mit der Grundidee eines magnetischen Kugelgelenkes auf mich zu, was schließlich in der vielseitigen Leuchte Avveni mündete“. Auch aktuell arbeitet Schmidt mit Sattler zusammen – neben der Erweiterung einer Leuchtenfamilie entsteht auch eine ganz neue Leuchte, technische Herausforderung inklusive. Denn alle Sattler-Produkte folgen dem Anspruch der Reduktion, Klarheit und Einfachheit, authentische Materialien sowie Oberflächen bestimmen die Anmutung. „Das mag auf den ersten Blick simpel sein, erweist sich aber oft als schwierig umzusetzen“, so Ulrich Sattler.
 
Foto. Sattler GmbH

„Ohne Design kein Sattler“ – Sven und UIrich Sattler verbinden interne Gestaltungs-
kompetenz mit externen Designern.

Focus Open und Sattler

Sattler gehört zu den Unternehmen, die regelmäßig neue Produkte zum Designpreis Focus Open einreichen – und genauso regelmäßig ausgezeichnet werden. So erhielt Sattler 2018 für die Pendelleuchte „Palito“ den Focus in Gold, wie schon 2016 für die „Avveni“-Familie. „Wir schätzen die sachbezogene und transparente Jurierung des Focus Open. Und auch, dass der Preis keinen gewinnorientierten Zwängen unterliegt“, so Ulrich Sattler.
 
Foto: Sattler GmbH

Erhielt 2016 den Focus Open in Gold: Das Leuchtensystem „Avveni“ mit ihrer Kugel-
gelenk-Verbindung, die maximale Justierungsfreiheiten ermöglicht. Für das Design war
code2design mitverantwortlich. 

Sattler GmbH

Wie viele Mittelständler hat auch die Sattler GmbH ihre Wurzeln im handwerklichen Bereich. 1958 wurde das Unternehmen als Elektroinstallations-Betrieb gegründet, in den 1970er-Jahren kamen Kleingeräte und Unterhaltungselektronik samt Ladengeschäft hinzu, immer mehr dann auch Beleuchtungslösungen. So begann man zunächst für Lichtplanungen Drittprodukte einzusetzen, um schnell zu bemerken, dass viele Lösungen Sonderprodukte benötigten, die so nicht erhältlich waren und kurzerhand selbst entwickelt wurden. Damit war der Grundstein für das Lichtunternehmen Sattler gelegt. 2015 bezog das Unternehmen einen Neubau, der Verwaltung, Entwicklung, Produktion und Showroom zusammenfasst. Inzwischen beschäftigt Sattler rund 70 Mitarbeiter*innen, mit Sven Sattler und Tim Sattler ist die dritte Familiengeneration aktiv eingebunden.
www.sattler-lighting.com

Foto: Florin Betz

im Gespräch v.l. Armin Scharf, Sven Sattler und Ulrich Sattler


Designpartner

code2design

Das Designbüro in Ostfildern konzentriert sich mit seinem interdsiziplinär aufgestellten Team auf Produkt- und Industrialdesign. Gegründet wurde das Büro 1996 von Michael Schmidt, der nach seinem Ingenieursstudium an der Universität Stuttgart ein Aufbaustudium für Investitionsgüterdesign an der Kunstakademie Stuttgart absolvierte. Die Kooperation mit Sattler begann mit der Leuchte „Angolo“, weitere Leuchten wie die „Avveni“ folgten. Michael Schmidt ist seit 2019 auch für die Designstrategie des Türklinken-Spezialisten FSB verantwortlich.
code2design.de 


Blocher Partners

1989 gründeten Jutta und Dieter Blocher das gleichnamige Architekturbüro in Stuttgart. Heute ist das Büro mit rund 210 Mitarbeitern international aktiv – unter anderem mit einer Dependance im indischen Ahmedabad. Seit 1999 ist der Innenarchitekt Jürgen Gaiser Partner. Das Portfolio von Blocher Partners beschränkt sich nicht auf klassische Architekturplanungen, das Büro bietet auch Produkt-, Grafik- und Corporate-Design, entwickelt Leitsysteme und Strategien der Brand Kommunikation.
blocherpartners.com