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RETHINK:DESIGN INTERVIEW
SEIT 2021 IST DIE DESIGNAGENTUR OTTENWÄLDER UND OTTENWÄLDER NICHT NUR KLIMANEUTRAL, SONDERN SOGAR KLIMAPOSITIV.


Immer mehr Unternehmen arbeiten an der eigenen Klimaneutralität. Auch in der Designbranche gewinnt das Thema an Dynamik. Denn nicht nur der Gebrauch eines Produktes hat Auswirkungen auf dessen Klimaeffekt, sondern auch dessen Konzeption. Bis zu 80 Prozent der Umweltauswirkungen werden in der Designphase festgelegt, sagt das Bundesumweltministerium. Kurzum: Design trägt Verantwortung.

Bei Ottenwälder und Ottenwälder wird Klimaschutz schon seit langem ganz selbstverständlich eingebunden, sowohl ins Tagesgeschäft als auch in den privaten Alltag. Seit 2021 ist die Designagentur nicht nur klimaneutral, sondern sogar klimapositiv.

Wie kam es dazu und was bedeutet das genau? Das wollten wir erfahren und sind für ein Interview nach Schwäbisch Gmünd gereist.
 


Petra Kurz-Ottenwälder und Max Ottenwälder
Foto: Armin Scharf
 
Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Agentur klimaneutral zu stellen?
PETRA KURZ-OTTENWÄLDER: Wir fokussieren uns seit 30 Jahren auf die Gestaltung langlebiger Produkte. Nachhaltiges Design bedeutet für uns schon immer, dass unsere Produkte optisch nicht altern, aus langlebigen Materialien bestehen und somit viel länger in Gebrauch sind als modisch motivierte Produkte, denen man nach kurzer Zeit schon ansieht, dass sie von gestern sind.

Die Klimaneutralität ist eine logische Fortschreibung dieser Tradition. Außerdem setzen wir seit langem in unserem Geschäftsbetrieb auf Nachhaltigkeit, wir vermeiden Wege, beziehen Ökostrom, reduzieren den Energieverbrauch und ordern unsere Materialien vorzugsweise bei regionalen Lieferanten. Wir haben auch nur einen Geschäftswagen. Wobei wir die meisten Reisen sowieso per Bahn unternehmen.
 
Wie komplex war für Sie der Weg zur Klimaneutralität?
PETRA KURZ-OTTENWÄLDER: Wir wussten zunächst nicht genau, wo wir beginnen sollten. Daher holten wir die Beratungsagentur Fokus Zukunft an Bord, die unseren CO2-Fußabdruck systematisch analysierte. Heute können wir sagen, dass der Prozess gar nicht so kompliziert ist, wie er anmutet.
 
Und wie haben Sie die Klimaneutralität konkret erreicht?
PETRA KURZ-OTTENWÄLDER: Die Strategie von Fokus Zukunft sieht vor, die ermittelten CO2-Emissionen zunächst überproportional auszugleichen. Im nächsten Schritt dann werden jene Aspekte optimiert, auf die wir selbst direkten Einfluss haben. Das können auch scheinbar simple Maßnahmen sein, beispielsweise wurden unsere Fenster professionell abgedichtet und mit wärmereflektierender Folie kaschiert. Das spart Heizenergie im Winter und Klimageräte im Sommer. Wenn wir neue Geräte anschaffen, ist der Stromverbrauch ein entscheidender Faktor. Unsere Kaffeemaschine ist seit 25 Jahren im Einsatz und wird immer wieder ressourcensparend repariert. Wir kochen täglich in der Agentur, vegetarisch, saisonal und mit regionalen Bio-Produkten. Jeden Tag ist jemand anderes dafür zuständig, das Mittagessen für alle zu bereiten, übrigens auch für unsere Kund*innen.



Im Gespräch: Max Ottenwälder mit Christiane Nicolaus, Design Center Baden-Württemberg
Foto: Armin Scharf
 
Inzwischen kommunizieren Sie, klimapositiv zu sein. Was heißt das?
MAX OTTENWÄLDER: Wir stellen unseren CO2-Fußabdruck nicht nur auf Null, sondern gleichen ein Vielfaches des Ergebnisses unserer Bilanzierung aus. Damit folgen wir dem Überkompensations-Ansatz von Fokus Zukunft. Die Ausgleichszahlungen gehen in unserem Fall an verschiedene Frauenprojekte, zum Beispiel nach Uganda: Dort ermöglichen wir die Anschaffung neuer Kochöfen, die emissionsärmer arbeiten und Frauen die Chance bieten, unternehmerisch zu agieren. Wichtig ist für uns, dass wir den Effekt nachvollziehen können.
 
Profitieren Ihre Kund*innen von Ihrem Engagement?
MAX OTTENWÄLDER: Da wir unseren klimapositiven Status kommunizieren, haben verschiedene Kund*innen schon nachgefragt. Wir spüren viel Sensibilität für das Thema. Der Druck steigt, wenn Sie als Zulieferer Ihren Kund*innen eine Klima-Strategie vorweisen müssen, um dabei zu bleiben. Wir sind dazu in der Lage und zeigen Wege auf.

CARMEN HINDERBERGER: Übrigens ist das Klima-Engagement ein Schlüsselfaktor für das Recruiting. Studierende, also spätere Mitarbeitende, sind da sehr sensibel. Für sie ist Klimaneutralität selbstverständlich.
 
Wie wirkt sich das alles auf den Entwurfsprozess aus?
PETRA KURZ-OTTENWÄLDER: 80 Prozent der Umweltauswirkungen eines Produktes, so sagt das Bundesumweltministerium, werden durch dessen Design bestimmt. Wir können als Designerinnen und Designer also etwas tun. Ja, wir haben die Verpflichtung dazu. Wir können als Designerinnen und Designer unglaublich viel tun. Und wir müssen uns immer die Frage stellen, wie und aus was wird ein Produkt, eine Anlage, ein System hergestellt? Was passiert während des Lebenszyklus, was am Ende der Nutzungszeit? Die letzten 15 Jahre haben wir nach der Klimaauswirkung geschaut, jetzt geht’s ganz konkret um Auswirkungen auf Boden, Wasser und Luft.

MAX OTTENWÄLDER: Je früher Sie beteiligt sind, umso mehr können Sie erreichen. Das ist nicht neu, gilt aber auch in Sachen Klimaschutz. Und auch, dass wir mit unserem Transferdenken und einer breiten Branchenausrichtung echte Impulse einbringen können. Deshalb beschäftigen wir uns intensiv mit den Produkten unserer Kund*innen und loten von Beginn an Optimierungsmöglichkeiten aus, die sich dann sowohl formal wie auch funktional, ökologisch und ökonomisch auswirken.
 
Ein Beispiel?
MAX OTTENWÄLDER: Für den Hersteller MAPAL haben wir die Formensprache der Spannfutterserie „Uniq“ streng nach FEM-Berechnungen entwickelt. Dadurch ist das Spannfutter leichter und verbraucht im Betrieb weniger Energie, ist gleichzeitig dynamischer und vibrationsärmer. Die höher verdichtete Oberfläche sieht brillanter aus und korrodiert weniger. Details sind ebenso wichtig: die blaue Beschichtung der Spannschraube reduziert die Betätigungskräfte und ist zugleich ein Design-Ident. Dies sind alles Alleinstellungsmerkmale zum Vorteil der MAPAL-Kund*innen. Die Produkte wurden damit nicht verteuert, sie sind energiesparender, präziser, langlebiger, besser zu bedienen und sehen besser aus. Abgesehen davon unterscheidet sich „Uniq“ allein optisch von allen anderen Spannfuttern dieser Welt. In Kombination mit all den aufgezählten USPs stärkt das die Marke. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist dies eine WinWin-Situation.



Bessere Performance und und Markenprägung durch nachhaltiges Design: das Spannfutter „Uniq“ für MAPAL.
Foto: Ottenwälder und Ottenwälder



Ein anderes Beispiel für ARAL zeigt, wie mit einem signifikanten Design am Point of Sale ein Kraftstoff, der 27 Prozent weniger Schadstoffe in die Umwelt emittiert, erfolgreich verkauft wird und damit – trotz höherem Leistungsversprechen – einen positiven Umweltbeitrag liefert. Noch brauchen wir diese fossilen Brennstoffe.

PETRA KURZ-OTTENWÄLDER: Durch unseren nachhaltigen Gestaltungsansatz und die langjährige Erfahrung können wir mit jedem Designprojekt einen positiven Umweltbeitrag leisten, egal in welcher Komplexität und in welcher Branche. Und um das alles zu transportieren, haben wir das Netzwerk „Alles im grünen Bereich“ gegründet, das neben Fokus Zukunft auch eine Innovations- und eine Kommunikationsagentur umfasst. Mit dieser Konstellation machen wir uns verstärkt auf den Weg, um vor allem KMU die Zusammenhänge, Handlungsoptionen sowie Notwendigkeiten von nachhaltigem Design aufzuzeigen.



Weniger Umweltbelastung durch ein Designelement, das den Verkauf von Ultimate nachhaltig fördert. Die Zapfpistole ist seit 2004 bis heute im Einsatz.
Foto: ARAL




AEG Lichttechnik Design Strassenleuchte Triangel. Nachhaltiges Design, das schon seit Jahrzehnten und bis heute Bestand hat, da weder Form noch Materialien altern. Seit 1990 bis heute im Einsatz.
Foto: Ottenwälder und Ottenwälder

Ottenwälder und Ottenwälder

1991 gegründet, widmet sich das achtköpfige Team um Petra Kurz-Ottenwälder und Max Ottenwälder einem breiten Themenspektrum des Industrialdesign. Dazu gehören auch komplexe Anlagen für die Verpackungsindustrie oder für die Medizintechnik. Leuchten, Ladestationen und Zahnbürsten bereichern das Portfolio.
www.ottenwaelder.de


Foto: Ottenwälder und Ottenwälder